Gemeinsamer Dialog zwischen Agroforstwirtschaft und Naturschutz
06. Mai 2024
Auf Initiative des DeFAF e.V. fand am 17. April 2024 im Rahmen des Projektes SEBAS das Fachgespräch „Implementierung von Agroforstsystemen aus naturschutzfachlicher Sicht“ im Landkreis Potsdam-Mittelmark in Brandenburg statt. Eingeladen waren Vertreter:innen aus Naturschutz- und Landwirtschaftsbehörden sowie Expert:innen aus Naturschutz und Agroforstwirtschaft.
Nach einführendem Input zur Agroforstwirtschaft als Chance für den Naturschutz in der Landwirtschaft und den aktuellen Anforderungen an die Agroforstwirtschaft aus der Agrar-, Umwelt- und Klimapolitik folgte ein Beitrag aus der Praxis zu Agroforstsystemen sowie ein Beitrag zur Ausgestaltung von Agroforstsystemen auf Landschaftsebene. Hauptaugenmerk der Veranstaltung war die gemeinsame Diskussion, in welche ein Impulsvortrag zu Agroforstwirtschaft und Naturschutz einleitete in dem u.a. das neue Hintergrundpapier des NABU vorgestellt wurde.
Das Programm der Veranstaltung sowie die zur Verfügung gestellten Folien sind im Folgenden abrufbar:
Im Kernpunkt der lebhaften Diskussion zur Etablierung von Agroforstsystemen (AFS) aus naturschutzfachlicher Sicht wurde der Fokus auf zwei Themenbereiche gelegt:
- Die Etablierung von AFS in Schutzgebieten
- Die Nutzung von gebietsfremden Gehölzen in AFS
Insbesondere in Schutzgebieten (Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet, Vogelschutzgebiet etc.) steht oft der Erhalt einer Kulturlandschaft im Vordergrund. Historisch betrachtet war die Agrarlandschaft von Gehölzen geprägt, doch wie weit zurück sollte der Referenzzustand berücksichtig werden? Viele Agrarlandschaften sind durch die Intensivierung der Landwirtschaft im Rahmen der grünen Revolution Mitte des 20ten Jahrhunderts geprägt worden. Hinzu kam in den Gebieten der ehemaligen DDR die Kollektivierung der Landwirtschaft, wodurch größere Schläge entstanden. Doch ist dies ein zu erhaltender Zustand unserer Agrarlandschaften?
Außerdem stellt sich die Frage, inwiefern der Schutz einzelner Arten und der Schutz der Funktionsfähigkeit unserer Ökosysteme differenziert betrachtet werden können. Zudem gilt es zu klären, in wie fern gebietsfremde Gehölze als produktive und klimawandelangepasste Gehölzkulturen in AFS aus naturschutzfachlicher Sicht integriert werden können. Hierbei ist hervorzuheben, dass viele Schutzgebietsverordnungen der Pflanzung von solchen produktiven Gehölzen innerhalb von AFS im Wege stehen und angepasst werden sollten um AFS als resiliente und klimaangepasste Landnutzungsform etablieren zu können. Hierbei sind durchaus Kompromisse vorstellbar, bei denen gebietsheimische Gehölze ergänzend zu produktiveren Gehölzen in AFS eingebracht werden.
In der Diskussion wurde deutlich, dass die Antragsstellung für AFS in Schutzgebieten oft ausbleibt, da der zu erwartende Aufwand und die voraussichtlichen Kosten im Zuge der Antragsstellung als zu hoch eingeschätzt werden.
Es wurde vorgeschlagen, differenzierte Ansätze für AFS in Schutzgebieten zu entwickeln und grüne Listen mit empfohlenen Gehölzen auf Landschaftsebene zu erstellen. Die Diskussion betonte auch die Notwendigkeit finanzieller Unterstützung zur Anlage und Bewirtschaftung von AFS. Es besteht Bedarf an weiterer Forschung zu den Auswirkungen von AFS, wobei gleichzeitig betont wird, dass positive Effekte von AFS auf die biologische Vielfalt prinzipiell belegt sind.
Zusammenfassend wurde die Bedeutung eines Dialogs zwischen Landwirtschafts- und Naturschutzbehörden sowie der Finanzierung von AFS hervorgehoben, um eine zukunftsfähige Landschaft zu gestalten und die biologische Vielfalt zu erhalten. Auch der Dialog zwischen Vorhabenträgern von Agroforstsystemen und Naturschutzbehörden ist essentiell, wenn die geplante Agroforstfläche innerhalb eines Schutzgebietes liegt.
Aufgrund der großen Überschneidung von Schutzgebieten verschiedener Kategorien und landwirtschaftlicher Fläche, i.e. potentieller Agroforstsysteme, in Deutschland, besteht unbedingter Handlungsbedarf um die Ziele der Bundesregierung laut GAP-Strategieplan bezüglich der Etablierung von AFS annähernd erfüllen zu können. Darüber hinaus ist die flächendeckende Etablierung von AFS in vielen Gebieten eine Voraussetzung um langfristig stabile Erträge erzielen zu können. In Anbetracht der zunehmenden klimatischen Extreme sind in Landwirtschaft integrierte Gehölze auch im Zuge von Ertragsstabilität als notwendig zu betrachten. Gleichzeitig stellt die Erhöhung von Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft mit Gehölzen eine effiziente Maßnahme dar um Lebensräume zu schaffen, Wasserkreisläufe wieder her zu stellen, Boden zu schützen und die Agroforstwirtschaft als integrierte Naturschutzstrategie zu etablieren. In diesem Zusammenhang ist auch das vom NABU veröffentlichte Hintergrundpapier „Agroforstsysteme und Naturschutz“ hervorzuheben.