Agroforst als Brücke zwischen Landwirtschaft und Naturschutz
27.05.2024
Am Donnerstag, den 23.05.2024 fand in Jena ein Workshop mit unteren Naturschutzbehörden aus Thüringen statt. Dieser wurde vom Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR) und über das Projekt SIGNAL vom Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF e.V.) organisiert. Das zentrale Thema war die Agroforstwirtschaft und der Dialog dazu zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Die Agroforstwirtschaft kann als Brücke zwischen Landwirtschaft und Naturschutz dienen, indem LandwirtInnen motiviert werden Gehölzstrukturen auf ihren Flächen zu integrieren, welche sie nutzen können und somit die Landschaft aus Naturschutzperspektive aufwerten können.
Der Workshop begann mit einem einführenden Vortrag von Isabelle Frenzel vom DeFAF e.V. Sie präsentierte wissenschaftliche Erkenntnisse zu Agroforstsystemen und hob deren Potenzial hervor. Der Vortrag wurde gefolgt von einem Beitrag von Manuela Bärwolff vom TLLLR, die die rechtlichen Rahmenbedingungen und die spezifische Situation in Thüringen erläuterte. Diese Informationen waren essentiell, um den TeilnehmerInnen einen umfassenden Überblick über die bestehenden Chancen und Herausforderungen zu geben.
Ein weiterer Programmpunkt des Vormittags war die Gruppenarbeit, in der die TeilnehmerInnen die Chancen und Konflikte der Agroforstwirtschaft diskutierten und ihren Informationsbedarf äußerten. Diese interaktive Phase förderte den Austausch untereinander und verdeutlichte die Vielschichtigkeit der Thematik. Im anschließenden Fachgespräch mit Christoph Meixner von Triebwerk UG wurden Fälle aus der Praxis und mögliche Lösungsansätze besprochen.
Am Nachmittag besichtigten die TeilnehmerInnen die Agroforst-Versuchsfläche in Dornburg. Herr Kröckel, der ehemalige Bewirtschafter dieser Fläche, bot Einblicke in seine Erfahrungen und berichtete praxisnah von den positiven Effekten der Gehölzstreifen auf die landwirtschaftliche Nutzung und die Biodiversität. Vor der Anlage des Agroforstsystems bestanden viele Vorbehalte, wie z.B. ein höherer Druck an Schädlingen wie dem Rapsglanzkäfer. Diese wurden nicht bestätigt und er stellte sogar einen geringeren Druck auf die Pflanzengesundheit fest, dass sogar zum Teil gegenüber der Referenzfläche ohne die Gehölze Pflanzenschutzmittel eingespart werden konnten. Auch beobachtete er viele Tiere wie Rehe, Hasen, Fasane, Feldlerchen oder Rebhühner regelmäßig in und nahe der Pappelstreifen.
Die Stimmung der Naturschutzbehörden gegenüber der Agroforstwirtschaft war insgesamt sehr aufgeschlossen. Dennoch gab es einige kritische Diskussionen, insbesondere bezüglich des Umgangs mit dem Artenschutz. Ein wichtiger Punkt war, dass LandwirtInnen, die Gehölzstrukturen in ihre Flächen integrieren und damit wertvolle Rückzugsräume für Arten schaffen, nicht durch gesetzliche Vorgaben im Nachhinein benachteiligt werden dürfen. Weiterhin müsse für die Anlage von Agroforstsystemen weiter diskutiert werden, wo sie besonders sinnvoll sind und wo sie aber auch zu einer Verschlechterung führen könnten (z.B. Schutzgebiete mit Trockenrasen). In der Vergangenheit wurden in anderen Bereichen zum Teil schlechte Erfahrungen mit zu groben Ausschlusskulissen gemacht. Aktuell gelten allerdings jegliche Schutzgebiete in Thüringen als Ausschlusskulisse für die Beibehaltungsförderung für Agroforstsysteme – unabhängig ob die Schutzzwecke der spezifischen Schutzgebiete durch Gehölzpflanzungen potentiell negativ beeinflusst werden. Hier besteht Nachbesserungsbedarf. In vielen Gebieten kann durch die Anlage von Agroforstsystemen von einer deutlichen Aufwertung ausgegangen werden. Weiterhin liegt Potenzial in der Kombination der Agroforstwirtschaft mit anderen Zielen aus schon bestehenden Schutzprogrammen.
Der Workshop in Jena hat gezeigt, dass ein konstruktiver Dialog zwischen Landwirtschaft und Naturschutz möglich und notwendig ist, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Die TeilnehmerInnen waren sich einig, dass ein weiterer Austausch wichtig ist, um die Integration von Agroforstwirtschaft in die Praxis voranzutreiben und die Artenvielfalt zu unterstützen.
Vorträge zum Download: