Interview: Agroforst im Spannungsfeld zwischen ökonomischem und ökologischem Nutzen

,

RA Dario Mauder | © Foto-Goethe.de

Welche rechtlichen Einschränkungen stehen der Umsetzung von Agroforstsystemen entgegen? Um Agroforstwirtschaft im Spannungsfeld von ökologischem Nutzen und naturschutzrechtlichen Beschränkungen stärker zu beleuchten, hat der DeFAF vor kurzer Zeit gemeinsam mit den Rechtsanwälten Dario Mauder und Tim Herpolsheimer von der Kanzlei Göpfert & Herpolsheimer aus Cottbus einen Fachartikel in der juristischen Zeitschrift „Recht der Landwirtschaft“ veröffentlicht. Tätigkeitsschwerpunkt der auf gewerbliche Mandanten und Unternehmen ausgerichteten Kanzlei ist u. a. das Agrarrecht. Wir haben mit Herrn Mauder gesprochen, um näheres zu erfahren.

1. Wo sehen Sie noch Lücken im (rechtlichen) System, um die Skalierung der Agroforstwirtschaft in Deutschland noch stärker voranzutreiben? Welche Schritte sind hier unbedingt noch zu gehen?

RA Dario Mauder: Eine rechtliche Lücke, die der Skalierung nicht förderlich ist, liegt in der fehlenden Abstimmung von Vorschriften zueinander. Deutlich wird die fehlende Abstimmung z.B. daran, dass nach der GAPDZV (GAP-Direktzahlungen-Verordnung, d. Red.) nunmehr für die Förderung bei Anlage eines Agroforstsystems kein Nutzungskonzept vorzulegen ist, während ein solches aus naturschutzrechtlichen Gründen vorgelegt werden muss. Ein besseres Ineinandergreifen der Vorschriften wäre wünschenswert. Im Übrigen dürfte meines Erachtens der wesentliche Meilenstein für die Skalierung schwerpunktmäßig nicht in der Schließung von Lücken bestehen, sondern in dem Abbau von Komplexität im rechtlichen System. Trotz des hohen Grads an Komplexität werden letztlich nicht immer sachgerechte Ergebnisse erzielt.

2. Welche Regelungen aus dem Natur- und Landschaftsschutz sehen Sie bei der Umsetzung von Agroforstwirtschaft als besonders hinderlich an?

DM: Besonders hervorzuheben sind die Eingriffsregelung und damit etwaig verbundene Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote. Im Einzelfall kommen regelmäßig weitere Vorschriften, insbesondere aus dem gebietsbezogenen Naturschutz hinzu. Zu denken ist hier bspw. an Vorschriften aus Landschaftsschutzgebietsverordnungen. Weiterhin liegt, zumindest nach regelmäßiger Auffassung der Behörden, in vielen Fällen die Beibringungslast für bestimmte Sachverhalte beim Anlagewilligen. Daher fordern die Naturschutzbehörden nicht selten vom Anlagewilligen die Beibringung von Gutachten ab. Schon in diesem frühen Stadium scheitert dann häufig die Anlage von Agroforstsystemen aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus.

3. Was konkret müsste im Naturschutzrecht angepasst werden, damit Agroforstsysteme auch hier als normale landwirtschaftliche Praxis betrachtet werden und damit für die Betriebe Planungssicherheit besteht?

DM: Grundsätzlich wäre es wünschenswert, wenn die naturschutzrechtlichen Bestimmungen weniger komplex und abwägungsfreundlicher wären. Regelmäßig erweckt das Naturschutzrecht den Eindruck, es werde, losgelöst von den durch eine Maßnahme zu erwartenden ökologischen Verbesserungen, lediglich der Status Quo geschützt. Austarierte Lösungen scheinen insbesondere dann, wenn Vogelarten der offenen Feldflur wie z. B. die Feldlerche von Maßnahmen potentiell beeinträchtigt werden könnten, nicht immer möglich zu sein. Konkret wäre die gesetzliche Ausweitung des Landwirtschaftsprivilegs auf Agroforstsysteme wünschenswert. Weiterhin wäre eine Absenkung der Hürden für die Erteilung einer Befreiung von den Bestimmungen des Naturschutzrechts hilfreich.

4. Ein häufiger Hinderungsgrund für die Umsetzung eines Agroforstsystems ist das Vorliegen eines Pachtverhältnisses. Welche vertraglichen Regelungen sind Ihrer Meinung nach am wichtigsten, damit Pächter:innen in längeren Zeiträumen Agroforstwirtschaft auf ihrem gepachteten Land betreiben und gegenüber den:dem Verpächter:innen vertreten können? Was passiert in diesem Fall nach Auslaufen des Vertrags?

DM: Wichtig ist die Vereinbarung einer langen Festlaufzeit des Pachtvertrags. Mit kurzer Pachtlaufzeit lässt sich die Anlage eines Agroforstsystems nicht darstellen. Nach Ablauf des Pachtvertrags hat der Pächter keine Rechte mehr an dem Agroforstsystem. Es besteht also das Risiko, dass der Pächter keinen Ertrag aus dem von ihm angelegten Agroforstsystem erhält. Weiterhin spielen in der Vertragsgestaltung vor allem auch Regelungen zur Entfernung/Erhaltung des Agroforstsystems nach Pachtende sowie die Vereinbarung einer Entschädigung für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Pachtvertrags eine wesentliche Rolle. Angesichts der Fallstricke sollten die pachtvertraglichen Regelungen fachkundig und einzelfallbezogen vorab geprüft werden.

Wir danken Ihnen für das Gespräch. Der gemeinsam mit den beiden Rechtsanwälten veröffentlichte Fachartikel kann HIER bezogen werden.