Im Porträt: Christian Rohlfing, praktizierender Landwirt und angehender Agroforstwirt

Erschienen im DeFAF-Infobrief 02/2023

Christian Rohlfing hat sich im Rahmen der DeFAF Agroforst-Akademie zur Agroforstwirtschaft weitergebildet. In enger Zusammenarbeit mit einem angehenden Berater aus dem Planungskurs hat er ein Agroforstsystem geplant und möchte nun in die Umsetzung gehen!
Bei der Planung von Agroforstsystemen gibt es allerdings einiges zu beachten, insbesondere wenn sich die ausgewählte Fläche in einem Natura 2000 Schutzgebiet befindet. In diesem Interview berichtet Christian Rohlfing von den Herausforderungen, die ihm in diesem Zusammenhang begegnet sind.

Landwirt Chrsitian Rohlfing, Betriebsleiter Gut Bad Sülze

Christian, den Planungsprozess für dein Agroforstsystem hast du im Rahmen der Agroforst-Akademie abschließen können. Wie wurde die Fläche ausgewählt und welche Herausforderungen begegnen dir jetzt bei der Umsetzung in Bezug auf die Anforderungen des Naturschutzes?

Wir haben uns zu Beginn der Planung mit verschiedenen Parametern auseinandergesetzt. Das vornehmliche Ziel des Agroforstsystems ist die Verringerung von Winderosion. Durch starke Ostwinde im Sommer und Winter trocknen die Böden sehr schnell ab und feiner Oberboden wird abgetragen. Neben der „Eignung“ der Fläche um Erosion zu stoppen spielt in erster Linie auch die Eigentums- und Pachtsituation eine Rolle. Die Fläche liegt bestenfalls komplett im Eigentum. Unsere Gemeinde steht vor Abschluss eines Flurneuordnungsverfahrens, von daher ist der geplante Feldblock auch gesichert. Die Flächen liegen allerdings in einem Natura 2000 Gebiet, es handelt sich um ein EU-Vogelschutzgebiet. Im Rahmen der GAP, die nun endlich auch rechtliche Planungssicherheit gibt, ist es erforderlich, ein Nutzungskonzept einzureichen und dieses genehmigen zu lassen. Das Nutzungskonzept beinhaltet auch eine Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde. Im Rahmen der Prüfung wurde dann festgestellt, dass es auf einem 70 ha Schlag in einer 3500 ha großen Feldmark mit Feldblöcken von 50-140 ha eventuell zur negativen Beeinflussung der möglicherweise dort rastenden Winterzugvögel kommen könnte. Diese Tatsache musste ich nun als Verursacher einer möglichen Störung durch eine Vorprüfung mittels eines geeignetes Umweltbüros prüfen lassen. Das Umweltbüro hat diese Vorprüfung vollzogen und hat im Kartenportal des Landes MV festgestellt, dass es sich bei dem zu beplanenden Feldblock um einen Bestandteil des EU-Vogelschutzgebietes handelt. Der weitere Schritt wäre nun, eine Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Bundesnaturschutzgesetz durchzuführen. Diese Prüfung durch ein zertifiziertes Umweltbüro würde 7.000-12.000 Euro kosten.

Welche Akteure müssen mit einbezogen werden?

In Mecklenburg-Vorpommern ist es zunächst einmal das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt. Der Verantwortungsbereich des Nutzungskonzeptes ist in Mecklenburg-Vorpommern an die LMS-Agrarberatung übertragen worden. An der LMS sind das Land Mecklenburg-Vorpommern und der Bauernverband beteiligt. Das Nutzungskonzept sieht wie gesagt eine Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vor. Erst mit Vorliegen dieser positiven Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde darf ich in den betroffenen Gebieten das Agroforstsystem anpflanzen und hierfür Förderungen aus der 1. Säue der GAP erhalten.

Was braucht es, damit Agroforstsysteme in Naturschutzgebieten umgesetzt werden können?

Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind klar definiert, es fehlen allerdings Erfahrungen mit Agroforstsystemen in den Behörden. Es braucht Projekte, die als „Leuchtturmprojekte“ feststellen, ob es wirklich zu Beeinträchtigungen der zu schützenden Arten kommt. Die Uni Münster hat großes Interesse daran, und wir sind auch schon dabei, Fledermäuse zu kartieren, mein Projekt zu begleiten und wissenschaftlich fundierte Daten zu liefern.

Was empfiehlst du Landwirten, die Agroforstsysteme in Naturschutzgebieten umsetzten möchten?

Unbedingt im Vorfeld prüfen, ob die geplanten Agroforstsysteme in Schutzgebieten liegen. Dann direkten Kontakt zu den unteren Naturschutzbehörden suchen und erklären, was man vorhat und mit Skizzen die Maßnahmen beschreiben. Es herrscht viel Unwissenheit, hier bedarf es dringend Schulungen oder Infoveranstaltungen für die Behörden.

Inwiefern können Agroforstsysteme den Naturschutz deiner Meinung nach unterstützen?

Die große Herausforderung ist, sich bei der Betrachtung der Vor- und Nachteile nicht nur auf eine Art/Habitat zu beschränken. In meinem Fall ist es ein EU-Vogelschutzgebiet. Wir schaffen aber durch unbearbeitete Gehölzstreifen neue Lebensräume und auch neue Nahrungsräume. Rebhuhn, Feldhase, Spinnen, Insekten, Vögel aller Art… Alle Tiere in der Feldflur profitieren. Alle reden von Biodiversität, Biotopvernetzung. Auch diese positiven Eigenschaften der Agroforstsysteme werden noch nicht deutlich genug herausgearbeitet.

Dieses Interview wurde im Rahmen des Projektes SEBAS – Förderung der biologischen Vielfalt durch Agroforstwirtschaft – durchgeführt. Das Projekt SEBAS wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz.