Gehölze mit großem Potential für Bodenschutz: Wissenschaftlicher Beirat für Natürlichen Klimaschutz schätzt Agroforstwirtschaft als Schlüsselmaßnahme ein
Julia Günzel, Leon Bessert | 08.08.2025
Der Wissenschaftliche Beirat für Natürlichen Klimaschutz (WBNK) weist in seiner aktuellen Stellungnahme der Agroforstwirtschaft eine Schlüsselrolle im Bodenschutz und Kohlenstoffspeicherung zu, um die Ziele des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) zu erreichen. Ebenso spricht der Beirat Empfehlungen aus, um die Erhaltung und die Neuanlage von Agroforstsystemen stärker zu fördern. Diese wichtige Anerkennung zeigt einmal mehr, dass der Klimaschutz mit naturbasierten Methoden nur mit Agroforstsystemen möglich ist.
Die Stellungnahme des WBNK zielt darauf ab, Empfehlungen für die Weiterentwicklung des ANK zu entwickeln. Hierfür floss auch Wissen von Expert:innen für Agroforstwirtschaft ein sowie ein Gutachten, das durch Dr. Rico Hübner vom DeFAF e.V. erarbeitet wurde. Die im Juli 2025 veröffentlichte Stellungnahme zeigt, welches Potenzial der Agroforstwirtschaft u.a. in den Bereichen Kohlenstoffspeicherung, Bodenschutz, Biotopvernetzung und Förderung der Bestäuber zugeschrieben werden kann.
Für die Kohlenstoffspeicherung schlussfolgert der WBNK, dass Agroforstsysteme aufgrund der CO2-Speicherung im Boden und in der oberirdischen Holzbiomasse das größte Potenzial und gleichzeitig ein geringes Risiko hinsichtlich der Langfristigkeit der Maßnahme bieten. Holz aus Agroforstsystemen für energetische Zwecke, die fossile Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Gas ersetzen können, wird allerdings nicht anerkannt. Ebenso wenig Holz, das fossile Rohstoffe in kurzlebigen Produkten ersetzt. Als Begründung wird angeführt, dass damit der aus der Atmosphäre gebundene Kohlenstoff letztendlich wieder freigesetzt wird. Positiv aufgrund der langfristigen Wirkung, wird bewertet, dass die durchschnittliche Kohlenstoffsenkenleistung, d.h. die Menge an Kohlenstoff, die gebunden und damit der Atmosphäre entzogen wird, bei rund 10 t CO2-Äquivalent pro Hektar Gehölzfläche und Jahr über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren liegt. Zum Vergleich: die durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Emissionen von CO2 in Deutschland liegen laut Umweltbundesamt bei 10,4 t CO2 Äq.
Aufgrund der positiven Wirkungen der Agroforstwirtschaft auf landwirtschaftliche Böden empfiehlt der Wissenschaftliche Beirat, Mittel unabhängig von der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die Anlage neuer silvoarabler Agroforstsysteme zur Verfügung zu stellen. Damit ließe sich die klimaresiliente Ackerbewirtschaftung erreichen und die Widerstandsfähigkeit der Flächen gegenüber Extremwetterereignissen steigern. Ebenso wird die Bereitstellung von ANK-Mitteln für silvopastorale Systeme – also der Kombination von nutzbaren Gehölzen mit der Tierhaltung – empfohlen. Um die praktische Umsetzung erfolgreich zu gestalten, sei weiterer Wissenstransfer, Bildungsarbeit für verschiedene Akteure, die Integration der Agroforstwirtschaft in die berufliche Ausbildung in der Landwirtschaft und die Anerkennung von Agroforstsystemen auf Acker- und Grünland als produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahme (PIK) erforderlich.
Der DeFAF e.V. freut sich darüber, dass die Agroforstwirtschaft in der Stellungnahme des WBNK so präsent gewürdigt wird. Dies zeigt einmal mehr, dass es längst Zeit dafür ist, Agroforstsysteme noch stärker zu fördern und als zentralen Baustein einer klimaresilienten Landwirtschaft anzuerkennen. Dazu ist auch die Verbesserung von rechtlichen Rahmenbedingungen essentiell. Gemeinsam mit weiteren Akteuren engagiert sich der DeFAF e.V. unter anderem in der Initiative Agroforst.jetzt!, die Anfang des Jahres einen Aufruf für bessere Rahmenbedingungen der Agroforstwirtschaft initiierte.