DeFAF bringt Agroforst in Strategie Negativemissionen des Bundes ein
Zur Erreichung der Klimaschutzziele gilt es alle Möglichkeiten zu nutzen, um der Atmosphäre Kohlenstoff zu entziehen und dieses dauerhaft zu speichern. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) arbeitet aktuell an einer Langfriststrategie Negativemissionen (LNe). Der DeFAF ist beim Prozess dabei, um die Kohlenstoffbindungspotenziale der Agroforstwirtschaft im Bereich Carbon Farming stärker zu betonen und langfristig in der Strategie zu verankern.
Das Klimaschutzgesetz fordert in §3 (2), dass bis zum Jahr 2045 die Treibhausgasemissionen so weit gemindert werden, dass sie durch CO2-Senken kompensiert werden und so „die Netto-Treibhausgasneutralität erreicht wird. Nach dem Jahr 2050 sollen negative Treibhausgasemissionen erreicht werden.“
Der bedarfsgerechte Ausbau von CO2-Entnahmemethoden benötigt ökonomische Anreize. Diese sollen so gesetzt werden, dass die Ziele der Langfriststrategie Negativemissionen (LNe) möglichst sicher, nachhaltig und kosteneffizient erreicht werden. Im Rahmen der Erstellung der LNe werden daher mögliche ökonomische Anreizmodelle beleuchtet und Optionen für einen tragfähigen Marktrahmen entwickelt, die auch die entsprechenden Prozesse auf EU-Ebene berücksichtigen.
Beim zweiten Treffen der AG 3 im Rahmen des LNe-Prozesses, der von der Deutschen Energie-Agentur DENA im Auftrag des BMWK koordiniert wird, am 06.03.2025 wurden unterschiedliche Instrumente zur Gestaltung des Marktes für CO2-Entnahme vorgestellt und erste Empfehlungen und Umsetzungsansätze diskutiert. Im Ergebnis werden ausgewählte Instrumenten und eine potenzielle Abfolge von deren Einsatz skizziert. In einer der Gruppenarbeiten wurde u.a. erläutert, warum Agroforstsysteme in diesem Zusammenhang besonders berücksichtigt werden sollten.
Die im White Paper der European Biochar Initiative (2020) auf S. 14 dargestellten sechs Negativemissionstechnologien „arbeiten“ mit Bäumen! „(Wieder-) Aufforstungen“ sollen viel Kohlenstoff je Hektar Wald speichern und zusätzlich über die stoffliche Nutzung den Kohlenstoffvorrat in Holzbauprodukten erhöhen. Auch für die verstärkte Produktion von Pflanzenkohle, die als langfristiger Kohlenstoffspeicher im Boden und in Baustoffen angesehen wird, werden zusätzliche Baumpflanzungen benötigt, ebenso wie für BECCS (Bioenergy with Carbon Capture & Storage), wo Holz energetisch genutzt und das CO2 aus den Abgasen abgeschieden und dauerhaft (unterirdisch) eingelagert werden soll. Ein erster praktischer Ansatz für BECCS (allerdings noch ohne CO2-Abscheidung und -Einlagerung!) wird von der Firma Energy Crops im weiteren Umfeld von Berlin praktiziert: Dort werden Landwirte als Partner für die Energieholzproduktion in Form von Kurzumtriebsplantagen oder Gehölzstreifen gesucht.
Außer für die Energiegewinnung wird auch für die Dekarbonisierung der Chemieindustrie viel zusätzliches Holz benötigt: In Leuna steht die erste deutsche Bioraffinerie vor der Fertigstellung. Sie will auf der Basis von Holz Funktionsfüllstoffe, erneuerbare Glykole und Lignin-Produkte als Alternativen zu erdölbasierten Rohstoffen produzieren. Auch wenn dafür zunächst regionales Buchenholz aus der Forst- und Holzwirtschaft genutzt werden soll, so wird mittelfristig auch an neue Quellen gedacht: An der Universität Halle läuft seit 2024 das Projekt DIP: SMART Agroforst – Digitalisierung zur Förderung der Etablierung von Agroforstsystemen auf der Landschaftsebene als Beitrag zur Klimaresilienz Süd-Sachsen-Anhalts und Dekarbonisierung seiner chemischen Industrie.
Hier wird sinnvollerweise nicht an Neuaufforstungen gedacht, sondern an die Integration der Produktion des zusätzlich erforderlichen Holzes in Agroforstsystemen, die gerade auf den großflächigen Schlägen in Ostdeutschland zur Sicherung der landwirtschaftlichen Erträge in Dürreperioden und zum Erosions- und Artenschutz besonders notwendig sind.
Schon in den Politikempfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik an die Politik „Nutzung von Biomasse zur Energieerzeugung“ (2007) schneidet die Holz- bzw. Energieproduktion mit Pappelholz in Kurzumtriebsplantagen und Agroforstsystemen sowohl von der CO2-Vermeidungsleistung je ha als auch von den CO2-Vermeidungskosten am besten ab, verglichen mit anderen Bioenergienutzungspfaden. Da die Anlage solcher Systeme relativ kostengünstig und einfach ist und ihre positiven ökologischen (und auch ökonomischen) Wirkungen auf großen Ackerschlägen offensichtlich und potentiell ausbaufähig sind, erscheint es sehr sinnvoll, die Anlage solcher Agroforstsysteme schnell und intensiv voranzutreiben.