Im Porträt: Matthias Maile – Ein Interview

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16.12.2021

Mit dem Generationswechsel in der Landwirtschaft geht in vielen Fällen auch eine Neuorientierung der Bewirtschaftungsform einher. Häufig findet sich allerdings kein Nachfolger. Matthias Maile, gelernter Maschinenbautechniker aus Hausen, einem Ortsteil der Gemeinde Greding in Bayern, führt den Landwirtschaftsbetrieb seines Großvaters seit 2014 im Nebenerwerb und hat sich 2018 für die Agroforstwirtschaft entschieden. Neben Walnüssen pflanzte er in den ersten zwei Agroforstsystemen auch verschiedene Wildobstbäume. In einem Interview verrät er uns seine Beweggründe dafür, Agroforstwirtschaft zu betreiben.

Matthias, in Bayern ist die Agroforstwirtschaft nicht so sehr verbreitet. Wie bist du zu dem Thema gekommen? Und wie wurde dein Vorhaben von deiner Familie und anderen Landwirten in deinem Umfeld aufgenommen?

Im Grunde war es der Zufall, der mich 2015 auf die Agroforstwirtschaft aufmerksam machte. Inspiriert wurde ich durch einen Kurzbeitrag auf einer Online-Videoplattform, welcher sich mit verschiedenen Agroforstsysteme befasste. Ich setzte mich immer stärker mit der Thematik auseinander, jedoch dauerte es noch ein weiteres Jahr, bis ich mich im Frühjahr 2016 an erste Planungen wagte.

In Bayern war mir bis dahin nur eine Agroforstflächen bekannt, jedoch nicht mit dem Ziel der Wertholzproduktion. Daher holte ich mir Unterstützung durch die Innovationsgruppe Aufwerten. Mit meinen Vorhaben wurde ich in der Folgezeit bestmöglich betreut. Zur eigentlichen Umsetzung kam es im Herbst 2018, da unsere Flächen bis dahin verpachtet waren.

Von meiner Familie kamen keine Einwände, das Vorhaben umzusetzen, da sie wie ich einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. Als der Pachtvertrag unseres Pächters zunächst auslief, konnten wir zügig die Feldstücke bepflanzen. Der ehemalige Pächter begrüßte die Absicht die Felder neu zu gestalten, da er von der andersartigen Bewirtschaftung angetan war. Es wurden auf diesen Flurstücken zwei Hecken und mehrere Baumstreifen angelegt. Eine Folgebewirtschaftung der Flächen ist weiterhin möglich, daher wurde der Pachtvertrag erneuert. Bei Pflanzaktionen half der Pächter uns mit Tatendrang beim Ausheben der Pflanzenlöcher. Von anderen Landwirten aus der Gemeinde werden meine Anpflanzungen zwar wahrgenommen, Nachahmer hat es bis jetzt aber noch keine gegeben. Erfreulicherweise finden sich nach meiner Kenntnis immer mehr Neuanlagen auf bayerischen Flächen.

Gepflanzt wurden neben Walnüsse auch Wildobstbäume wie Speierling und Elsbeere. Welche Strategie hast du für die Nutzung und Vermarktung? Welche Besonderheiten ergeben sich dabei für die Nebenerwerbslandwirtschaft?

Die Pflanzung von Obst- und Wildobstbäumen hatte einen förderrechtlichen Hintergrund. So wurden in Bayern über die Bayerische Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) die Neupflanzung von Hecken und Streuobstbäume mit 75 % gefördert. Darunter fielen auch die von mir gewählten Bäume. Fachliche Unterstützung erhielt ich von der Gebietsbetreuerin des Landschaftspflegeverbands Mittelfranken.

Am Anfang meiner Überlegung ging es mir primär um ökologische Aspekte, Gehölze auf unseren Flächen zu pflanzen. In den Medien wurde vermehrt vom Artensterben und den Folgen einer immer intensiveren Landbewirtschaftung auf Kosten der Umwelt berichtetet. Nicht zuletzt zeigten die eigenen Erfahrungen, welche Folgen die Klimaveränderung für die Landwirtschaft hat. Es lag in 2015 ein ungewöhnlich trockenes Jahr hinter uns, indem einerseits der Aufwuchs auf unseren Weiden sehr gering ausfiel und andererseits die Waldfläche durch den Borkenkäfer dezimiert wurde. Das bestärkte mich dabei als Landbesitzer, meinen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten.

Foto: M. Maile

Einen ökonomischen Hintergrund hatte die Pflanzung aber dennoch. Nach einer schrittweisen Astung auf 4-5 m ist in ca. 60 Jahre eine Holznutzung geplant. Die Verwendung und Vermarktung von Wildobstfrüchten ist noch in Planung. Bei den aus Samen gezogenen Wildobstbäumen, die frühestens nach zehn Jahren zum ersten Mal fruchten, bleibt daher noch ausreichend Zeit eine Vermarktungsmöglichkeit zu entwickeln. Wie eine Beerntung aussehen könnte, wird sich zeigen. Zwischen den Baumreihen ist momentan eine Gräsermischung eingesät, die als Viehfutter genutzt wird. Wir haben uns bewusst für Ackergras und nicht für eine Marktfruchtbau entschieden, um in den ersten Jahren die Bäume besser pflegen zu können.

Seit der Übergabe der Landwirtschaft im Jahr 2014 führen wir den Hof als Nebenerwerb. Eine kleine Schafhaltung und die Pflege der noch jungen Bäume lassen sich momentan gut mit den außerlandwirtschaftlichen Tätigkeiten meiner Familie vereinbaren. Die landwirtschaftlichen Tätigkeiten werden in meiner Freizeit erledigt. Die Nussbäume haben den Nachteil, dass diese in der Regel spät in den Ertrag gehen. Ohne meine hauptberufliche Tätigkeit wären meine Pflanzprojekte nicht möglich gewesen.

Nun sind drei Jahre vergangen – was hast du in diesen Jahren gelernt? Was ist gut gelaufen und was würdest du beim nächsten Mal anders machen?

Geduld zu haben und den Bäumen Zeit geben fällt mir an erster Stelle ein. Wir haben uns damals für ein kleines Pflanzensortiment aus dem Forstbereich entschieden. Daher war erstmal wenig von den Bäumen auf der Fläche zu sehen, das hat sich aber bereits geändert.

Wenn ich heute zurückblicke, hätte ich ein paar Dinge anders gelöst. Das beginnt bei der Planung, die ich jetzt mit einer GIS Software durchführe. Das Auffinden der Pflanzpunkte übernimmt ein GNSS-Messgerät, was zu einer deutlichen Arbeitserleichterung führt. Das heißt aber nicht per se, dass man mit Maßband und Fluchtstäben ungenau arbeitet.

Großen Wert sollte auf das richtige Pflanzmaterial gelegt werden. Bei falsch gewählten Bäumen wird man später keine Freude haben, weil sie im schlechtesten Fall nur noch als Brennholz verwendet werden können. Ich empfehle daher dringend, sich genau über die Anschaffung zu informieren. Beispielhaft hierfür sind die für uns vom Landschaftspflegeverband bestellten Birnenbäume, welche auf einen Kronenansatz von 1,6-1,8 m erzogen wurden. Hier hätte ich expliziert darauf hinweisen sollen, dass ich die Krone noch höher gesetzt haben will, um dem Stamm später nutzen zu können. Erforderlich hierfür wären wenigstens 2,2 m gewesen. Aber auch bei der Baumstreifenbewirtschaftung, der Regulierung der Wühlmauspopulation und dem Freihalten der Baumscheibe haben wir dazu gelernt

Für die nächsten drei Jahre gedacht: Was würdest du dir für die Gestaltung einer nachhaltigen Landwirtschaft in Deutschland wünschen?

Drei Jahre sind zwar ein sehr kurzer Zeitraum, doch drängt die Zeit zur Transformation der Landwirtschaft, um sich dem Klimawandel anzupassen. Es haben sich dazu schon sehr viele Akteure, wie die Zukunftskommission Landwirtschaft, Gedanken gemacht, wie dies geschehen kann. Ich bin weder Ackerbauer noch ist unsere Tierhaltung so groß, dass ich das Recht hätte, anderen vorzuschreiben, wie sie ihre Arbeit verrichten sollen. Unausweichlich scheint aber, dass unsere Agrarstrukturen wieder vielfältiger gestaltet werden müssen. Hier kann die Agroforstwirtschaft einen großen Beitrag leisten.

In der Tierhaltung sehe ich auch enormes Potential. Der Verbraucher drängt immer mehr auf eine tiergerechtere Haltung, vorzugsweise im Freien. Allein mit Weideunterständen wird man auf Dauer die Tiere an Hitzetagen nicht schützen können. Durch das Pflanzen von Bäumen erhält das Vieh mehr Schatten. Die Bäume, die in 15 Jahren Schatten werfen sollen, müssen daher heute gepflanzt werden.

Und dein Appell für Landwirte mit kleinen Flächen? Was ist deiner Meinung nach zu beachten, wenn Agroforstsysteme angelegt werden sollen?

An der Größe des Flurstücks entscheidet sich meist, ob und welches Agroforstsystem angelegt werden kann. Von einer pauschalen Mindestgröße würde ich aber nicht sprechen. Sind jedoch große Vorgewende nötig und müssen Grenzabstände eingehalten werden, wird manches Vorhaben schwierig umzusetzen sein. Eine Möglichkeit wäre, kleiner bleibende Gehölze zu wählen und die Abstände der Baumreihen daraufhin enger zu legen. Es gibt nicht das eine System, dass zu jedem Betrieb passt. Auf Dauergrünland und Weidestandorten werden Agroforstsysteme aber vermutlich leichter verwirklicht werden können.

An alle Landwirte, die sich für Bäume begeistern können: Pflanzt Bäume auf eure Flächen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – auch im kleinstrukturierten Bayern.

 

Wir bedanken uns herzlich für das Interview und wünschen weiterhin viel Erfolg!