In Niedersachsen bewegt sich was – Agroforst-Exkursion bringt junge Menschen zusammen
30. Mai 2023
Am 26.05. und 27.05.2023 begab sich eine Gruppe von über 25 jungen, engagierten Menschen auf eine spannende Exkursion zum Thema Agroforstwirtschaft in Niedersachsen. Die Exkursion wurde im Rahmen des SIGNAL-Projektes vom DeFAF e.V. und zwei ehrenamtlichen Mitgliedern des DeFAF, Anastasia Kühn und Lisa Hillenbrand, organisiert. Die junge Nachwuchsgeneration spielt für die Zukunft der Landwirtschaft eine große Rolle und wurde in Interviews, die vorab im Rahmen des SIGNAL-Projekts mit niedersächsischen Akteuren durchgeführt wurden, immer wieder als treibender Faktor für den Wandel in der Landwirtschaft genannt.
Auf der Exkursion besuchten wir insgesamt drei Agroforstsysteme in der Region. Am Freitag besichtigten wir zunächst den Hof Hartmann bei Lüneburg. Dort hatte der Betrieb im Jahr 2016 sein erstes Agroforstsystem mit Pappeln und Hühnerhaltung in Kombination etabliert und später weiterhin Gehölzstreifen auf seinem Acker angelegt. Jochen Hartmann, der Betriebsinhaber, berichtete uns, wie die Gehölze den Hitzestress bei seinen Hühnern minimieren und somit das Tierwohl erhöhen. Zudem erläuterte er, wie die Medienpräsenz die Vermarktung seines Betriebs ankurbelte. Auf dem Acker möchte er durch die Baumreihen vor allem Windschutz und somit langfristig auch Verdunstungsschutz erreichen.
Am abendlichen Lagerfeuer diskutierten wir außerdem über Potenziale und Hemmnisse von Agroforstsystemen. Dabei wurden die Fragen der Teilnehmenden dokumentiert, um sie später auch im Rahmen von SIGNAL weiter zu verwerten. Jochen Hartmann nahm ebenfalls an der Diskussion teil und teilte seine Erfahrungen. Er betonte die Wichtigkeit der Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Wissenschaft und Naturschutz sowie die Notwendigkeit von weniger Bürokratie und mehr politischer Unterstützung für Landwirte, die zukunftsfähige Wege gehen wollen.
Am Samstag besuchten wir die Holawi und das Rittergut Lucklum. Tom-Lucas Frantzen führte uns dabei in das Agroforstsystem der holistischen Landwirtschaft am Standort an der Neetze ein. Dort werden verschiedene Ökosysteme auf einer Fläche geschaffen. Zum einen planen sie einen Waldgarten. Darüber hinaus haben sie ein kleines Alley-Cropping-System mit einer Vielzahl von Obst- und Nussgehölzen angelegt. Langfristig ist auch eine Pilzzucht unter den Gehölzen geplant. Tom-Lucas Frantzen berichtete von seinen Erfahrungen und wies unter anderem auf die Bedeutung des Baumschutzes bei der Planung eines Agroforstsystems hin.
Für das Rittergut Lucklum setzten wir unsere Reise mit dem Reisebus von Lüneburg nach Richtung Süden fort. Bei einer Mittagspause im Gartencafé Pur Natur, welches eine angeschlossene Baumschule besitzt, konnten die Teilnehmenden auf einem kleinen Spaziergang verschiedene junge Bäume entdecken, die auch für Agroforstsysteme geeignet sind. Die Busfahrt wurde zudem für wissenschaftlichen Input und Diskussionen genutzt.
Beim Rittergut Lucklum führte uns der Betriebsführer Helmut Gockel durch die beeindruckende Gutsanlage. Philipp Gerhardt von Baumfeldwirtschaft, der als Planer der Agroforstsysteme ebenfalls als Referent eingeladen war, erläuterte uns den Planungsprozess. Die Landschaftsästhetik spielte hier bei der Anlage des Agroforstsystems eine große Rolle. Im Frühjahr 2022 wurden auf der Pferdeweide Pappeln im sternförmigen Design gepflanzt. In diesem Frühjahr wurde ein weiteres System auf dem angrenzenden Acker im Keyline-Design mit Pappeln, Nuss- und Obstgehölzen angelegt. Helmut Gockel brachte die Diskussion über die Finanzierung und die ökonomischen Aspekte von Agroforstsystemen auf, die für viele Landwirte derzeit noch ein Hindernis darstellt.
Die drei Betriebe präsentierten sehr unterschiedliche Betriebsstrukturen und Ansätze und spiegelten so die Vielfalt und Möglichkeiten der Agroforstwirtschaft gut wider. Die zweitägige Exkursion war insgesamt sehr lehrreich und bot viel Potenzial für weitere Vernetzung.
Ein Bericht von Isabelle Frenzel.