11.06.2025

Die Auswahl geeigneter Baumarten ist ein zentraler Schritt bei der Gestaltung funktionierender Agroforstsysteme. Entscheidungshilfen (Decision Support Systems – DSS) können landwirtschaftliche Betriebe und Beratende dabei wesentlich unterstützen. Allerdings sind viele der verfügbaren Tools nur länderspezifisch einsetzbar, schwer zugänglich oder nicht miteinander kompatibel.

Um diese Lücke zu schließen wurde AgroforesTreeAdvice, im Rahmen des EU-Projekts DigitAF entwickelt. Es zielt darauf ab, bestehendes Wissen aus acht vorhandenen DSS in einem einheitlichen, benutzerfreundlichen System zusammenzuführen und zugänglich zu machen. Das Tool ist über eine grafische Web-Oberfläche in acht Sprachen nutzbar und ist öffentlich über GitHub zugänglich. Nutzer können anhand lokaler Standortparameter (wie Boden, Klima, biotische Faktoren und sozio-ökonomische Aspekte), Produktionszielen (wie Holz, Früchte) und gewünschter Ökosystemdienstleistungen (wie Bodenschutz, Kohlenstoffspeicherung) gezielt nach passender Baum- und Straucharten suchen. Insgesamt stehen 157 Gehölzarten zur Auswahl. Die Bewertung der Baumarten erfolgt über eine Multikriterienbewertung, bei der einzelne Kriterien gewichtet und Punkte vergeben und zu einem Gesamtwert summiert werden. Erste Tests in drei europäischen Ländern zeigen eine hohe Nutzerzufriedenheit, insbesondere bezüglich Übersichtlichkeit und Mehrsprachigkeit. Verbesserungspotenzial besteht noch bei Informationen zu Wurzeleigenschaften, Biodiversität und Interaktionen zwischen Baumarten. Künftige Erweiterungen sind bereits geplant, etwa die Integration zusätzlicher Tools wie TreeAdvisor oder UK Tree Guide sowie die Verknüpfung mit Klimadatenbanken zur automatischen Standortanalyse. Langfristig soll AgroforesTreeAdvice zu einem umfassenden Planungsinstrument für die Agroforstwirtschaft weiterentwickelt werden und so eine zentrale Rolle in der Gestaltung nachhaltiger Systeme spielen.

Ein Zusammenfassung zum Tool und Hintergrundinformationen wurden unlängst in der Zeitschrift Agroforestry Systems veröffentlicht:

Gosme, M., Staněk, T., Rigal, C., Paut, R., Skyum, B., Rønn-Anderson, K., Thissen, W., den Herder, M., Houska, J., Lojka, B., Warlop, F., Carton, S., Pardon, P., Weger, J., Martiník, A., Uradnicek, L., Hübner, R., Tomás, A., Kay, S. & Reubens, B. (2025): AgroforesTreeAdvice: a decision support tool combining heterogeneous knowledge resources for tree species selection in agroforestry systems. Agroforestry Systems, 99, https://doi.org/10.1007/s10457-025-01208-6.

24.06.2025

Julia Günzel und Anke Hahn waren für den DeFAF Teil der diesjährigen EURAF-Mitgliederversammlung in Brüssel und nahmen am Interreg Carbon Farming MED Workshop zum Aufbau von Politik- und Management-Kapazitäten im Bereich Kohlenstoffspeicherung in der Landwirtschaft mit Fokus auf Agroforstwirtschaft teil.

Bei dem hybrid organisierten General Assembly am ersten Tag wurde Bilanz gezogen zu der finanziellen Situation der NGO, den Mitgliederzahlen, Missionen und Ziele für die nächsten Monate. Insbesondere werde man sich um die stärkere Vernetzung zwischen Landwirt:innen in den Mitgliedstaaten und über deren Grenzen hinweg bemühen, u.a. durch Maßnahmen in laufenden EU-Projekten, in denen die EURAF mit den nationalen Verbänden und wissenschaftlichen Organisationen bereits kooperiert.

Am Folgetag veranstaltete die EURAF als Partner im Interreg-Projekt Carbon Farming MED einen Workshop zum Aufbau von Politik- und Management-Kapazitäten im Bereich Kohlenstoffspeicherung in der Landwirtschaft mit dem Fokus auf Agroforstwirtschaft und der CO2-Bindung in Gehölzen. Eröffnet wurde die Veranstaltung von den EURAF-Vorständen Julia Günzel vom DeFAF e.V. und Manuel Bertomeu von der Universität Extremadura in Spanien. Danach wurde der aktuelle Stand der EU- Carbon Removals and Carbon Farming- Richtlinie (CRCF) und die Förderung der Agroforstwirtschaft im Rahmen der GAP 2023-2027 von Vertreter:innen der Generaldirektionen Klima (DG CLIMA) und Landwirtschaft (DG AGRI) erläutert.

Tristano Bacchetti De Gregoris (SAE Innova) und Gerry Lawson (EURAF) beleuchteten, wie Forschungsprojekte zur politischen Landschaft beitragen, während Vertreter des Carbon Farming MED-Projekts die Bemühungen um eine Verbindung zwischen Landwirtschaft, Kohlenstoffmärkten und Forschung vorstellten.

In der abschließenden Podiumsdiskussion kamen vier Vertreterinnen von landwirtschaftlichen Lobby-Organisationen in Brüssel zu Wort, welche insbesondere auf noch anstehende Harmonisierungen bei der Umsetzung der CRCF-Richtlinie in Bezug auf Agroforst (z. B. Begriffsklärungen, Projektlaufzeiten, Bilanzierungsrahmen etc.) und bisher nur begrenzte finanzielle Anreize für Landbewirtschaftende diskutierten.

Der DeFAF wird sich weiterhin in enger Kooperation mit der EURAF und anderen Akteuren für die stärkere Förderung und Verbreitung der Agroforstwirtschaft als sinnvolle kohlenstoffspeichernde Landnutzungsmethode auf EU- und Bundesebene einsetzen. Einen möglichen Skalierungsanreiz und -vorschlag schafft die EURAF mit ihrem Agroforestry Carbon Farming Starter Pack.

 

Fehler in Agroforstsystemen – von drei Praxisbetrieben lernen

• Videopremiere • 16 Minuten, die sich lohnen. Jetzt auf Youtube.

Lasst uns über Fehler reden! Fehler sind unvermeidbar. Nur wenn wir offen über sie sprechen, können wir voneinander lernen und Agroforst gemeinsam weiterentwickeln. In diesem Video stellen sich drei Agroforst-Betriebe vor – bzw. erzählen sie euch von ihren Fehlern:

Das Video ist im Zuge einer Projektarbeit im Masterstudiengang „Ökologische Landwirtschaft“ an der Universität Kassel entstanden. Verantwortlich dafür sind Lisa Hillenbrand und Anastasia Kühn.

Besonderen Dank an die teilnehmenden Betriebe für ihre Zeit und Offenheit!

  • Hofgut Oberfeld in Südhessen
  • Warnke Agrar GmbH in Sachsen-Anhalt
  • Werragut-Resola e.V., Nordhessen

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Der Fachbereich Junger DeFAF im Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e.V. wird u.a. von Lisa Hillenbrand geleitet. Mach mit für mehr naturbasierte Lösungen in der Landwirtschaft und werde Mitglied.

08.05.2025

Ein Bericht des DeFAF e.V. beleuchtet die Chancen, Herausforderungen und den Wissensbedarf zur Agroforstwirtschaft in Niedersachsen, Brandenburg und Thüringen. Basierend auf 25 Interviews mit Vertreter:innen aus Landwirtschaft, Verwaltung und Naturschutz, identifiziert der Bericht sowohl förderliche als auch hemmende Faktoren für die Integration von Gehölzen in landwirtschaftliche Systeme.

Zu den genannten Vorteilen zählen die Förderung der Biodiversität, der Erosionsschutz und die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Dennoch bestehen weiterhin Hemmnisse wie rechtliche Unsicherheiten, fehlende Förderanreize und ein hoher Informationsbedarf. Einige Interviewpartner:innen waren mit der Definition von Agroforstsystemen nur eingeschränkt vertraut – so wurden beispielsweise Kurzumtriebsplantagen (KUP) fälschlich einbezogen oder die aktuelle rechtliche Lage, etwa zur Beibehaltung des Ackerstatus, war zum Zeitpunkt des Interviews nicht bekannt. Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit eines gezielten Wissenstransfers und politisch-rechtlicher Förderung, um die Agroforstwirtschaft als nachhaltige Landnutzungsoption weiter zu etablieren.

Das SIGNAL-Projekt, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, hat in den letzten Jahren umfassende Forschung zu Agroforstsystemen betrieben. In der dritten und letzten Projektphase wurde der DeFAF e.V. als Partner für den Wissenstransfer hinzugezogen. Es wurden Feldtage, Workshops und Exkursionen organisiert, an Veranstaltungen teilgenommen und Vorträge gehalten. Weiterhin entstanden unterschiedliche Informationsmaterialien, wie z.B. zwei Themenblätter zur Boden-Biodiversität und zu Aspekten der Wirtschaftlichkeit. Weitere Informationen finden Sie auf der Projektseite. Der Wissenstransfer konnte durch die Interviews gezielt auf verschiedene Zielgruppen abgestimmt werden – ein großer Dank gilt daher allen Interviewteilnehmer:innen für ihre wertvolle Bereitschaft und Offenheit.

11.04.2025

Im Rahmen des Naturschutzvorhabens SEBAS ist ein neues informatives Themenblatt des DeFAF e.V. erschienen

In Anbetracht des anhaltenden Artenrückgangs in Agrarlandschaften sind Strukturelemente, die zu einer Erhöhung der Strukturvielfalt führen und eine Teilextensivierung bewirken von fundamentaler Bedeutung. Agroforstsysteme bieten die Möglichkeit, den Strukturreichtum auf landwirtschaftlich genutzten Flächen deutlich zu erhöhen, ohne dass die Bewirtschaftungsfläche reduziert werden muss. Die positive Wirkung auf die biologische Vielfalt verstärkt sich angesichts der sich immer rascher ändernden Klimaverhältnisse, die auch starke Effekte auf das Vorkommen vieler Arten haben. So bewirken Agroforstsysteme eine größere Resilienz gegenüber Wetterextremen und den daraus resultierenden Folgen für viele Arten. In diesem Kontext rückt der Schutz der Natur als sich selbst organisierendes und wandlungsfähiges System in den Vordergrund.

Im DeFAF- Themenblatt Nr.9 werden praxisnahe Handlungsempfehlungen für die Gestaltung von strukturreichen Agrarökosystemen mit Hilfe der Agroforstwirtschaft gegeben. Das Themenblatt steht hier online zur Verfügung und wird auch als Print-Version erhältlich sein.

Das im Bundesprogramm Biologische Vielfalt geförderte Naturschutzvorhaben SEBAS bringt Landwirtschaftsbetriebe, Verbände sowie Forschungseinrichtungen eng zusammen, um die Auswirkungen von Agroforstsystemen auf die biologische Vielfalt zu untersuchen. Hierbei spielt der Wissenstransfer eine zentrale Rolle. Auf der Projektseite können weitere Informationsmaterialien sowie Berichte eingesehen werden.