Die Agroforstwirtschaft gewinnt in Deutschland stetig an Bedeutung, was sich in einer steigenden Zahl von Akteuren zeigt, die sich aktiv für ihre Entwicklung und Umsetzung engagieren. Diese Studie stellte eine höhere Verbreitung der Agroforstwirtschaft in Bundesländern mit Investitionsförderprogrammen für die Agroforstwirtschaft fest, was darauf hindeutet, dass diese Programme eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Einführung agroforstwirtschaftlicher Praktiken spielen könnten. Dies stützt eine unserer Hypothesen, dass Bundesländer mit Investitionsförderprogrammen für die Agroforstwirtschaft eine höhere Verbreitung der Agroforstwirtschaft aufweisen. Finanzielle Unterstützung kann dazu beitragen, die erheblichen Kosten für die Einführung und Aufrechterhaltung von Agroforstsystemen zu senken, wie die Unterschiede in der wahrgenommenen finanziellen Situation zwischen den verschiedenen Bundesländern deutlich gezeigt haben. Die Erhöhungen der Ökoregelung #3 ab Januar 2026 auf 600 € sowie die Investitionsförderung in weiteren Bundesländern werden hoffentlich dazu beitragen, dieses Problem anzugehen und die Entwicklung der Agroforstwirtschaft in ganz Deutschland weiter voranzutreiben.

Die Bedeutung digitaler Tools scheint hingegen angesichts der Ergebnisse der Studie derzeit noch relativ gering zu sein. Staatliche Förderprogramme schienen die regionale Nutzung digitaler Tools in der Agroforstwirtschaft nicht zu fördern, was eine unserer Ausgangshypothesen widerlegt. Bestimmte Hindernisse wie Misstrauen gegenüber Dienstleistern hinsichtlich des korrekten Umgangs mit Nutzerdaten sowie mangelnde Überzeugung von den Vorteilen digitaler Tools könnten die Einführung digitaler Tools in der Agroforstwirtschaft einschränken. Anbieter digitaler Tools müssen Transparenz und Vertraulichkeit beim Umgang mit den Daten der Nutzer gewährleisten, um ihnen die sichere Nutzung ihrer Produkte zu garantieren. Darüber hinaus können Schulungsprogramme und Workshops zu digitalen Tools die Akteure im Umgang mit diesen Tools unterstützen. Dies sollte vielleicht stärker auf Frauen in der Agroforstwirtschaft sowie auf nicht-Akademiker ausgerichtet sein. Diese demografischen Gruppen waren am wenigsten von ihren Fähigkeiten zur Implementierung digitaler Tools überzeugt. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Erfahrung mit digitalen Tools in der Agroforstwirtschaft dazu führt, dass die Nutzer eine positive Einstellung zu deren Vorteilen und Zuverlässigkeit entwickeln.

Akteure, die mittelgroße Betriebe bewirtschaften, waren auch am wenigsten in der Lage, die Vorteile digitaler Tools in der Agroforstwirtschaft zu erkennen, was auf eine größere Lücke bei der Berücksichtigung der Bedürfnisse dieser Landwirte im Rahmen der Digitalisierung in der Landwirtschaft hindeutet. Daraus ergibt sich eine weitere Hypothese: Mittelgroße Betriebe sind am wenigsten befähigt, die Vorteile digitaler Tools in der Agroforstwirtschaft zu erkennen. Anbieter digitaler Tools sollten die Anwendbarkeit ihrer Produkte für diese Interessengruppen überprüfen, da diese möglicherweise eher auf großflächige oder kleinbäuerliche Systeme zugeschnitten sind. Die Vielfalt der Agroforstsysteme kann bestimmte Herausforderungen bei der Einbeziehung der Bedürfnisse aller Interessengruppen in diese digitalen Tools mit sich bringen. Eine kontinuierliche Verbesserung bei der Berücksichtigung der übergeordneten Bedürfnisse der Nutzer ist jedoch wichtig, um einen gerechten Zugang zu technologischen Fortschritten zu gewährleisten. Dies gilt auch für jüngere Interessengruppen, die möglicherweise größere finanzielle Schwierigkeiten beim Zugang zu digitalen Tools haben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Studie im Rahmen des Projekts DIGITAF vorläufige Erkenntnisse über die Wahrnehmung digitaler Tools in der Agroforstwirtschaft durch die Interessengruppen liefert und auf den wachsenden, aber noch begrenzten Forschungsarbeiten zur Einführung und Anwendung solcher Tools in diesem Bereich aufbaut. Sie unterstreicht jedoch auch die Komplexität der Suche nach schlüssigen Ergebnissen in einem noch jungen Sektor. Die Studie liefert zwar wertvolle erste Einblicke in die Wahrnehmung der Interessengruppen in der Agroforstwirtschaft, die Ergebnisse müssen jedoch im Rahmen des begrenzten Umfangs der Studie betrachtet werden. Durch die Beseitigung von Hindernissen wie Skepsis gegenüber den Vorteilen, Misstrauen gegenüber dem Datenschutz und unterschiedlichem Vertrauen verschiedener Nutzergruppen könnten digitale Tools eine bedeutendere Rolle bei der Unterstützung der Agroforstwirtschaft spielen.

Die Autorin Sophia Oakes hat ihr Studium an der Humboldt Universität zu Berlin erfolgreich abgeschlossen und ist mittlerweile bei der OECD in Paris tätig. Der DeFAF wünscht alles Gute für die Zukunft und bedankt sich für die Unterstützung im Projekt DIGITAF.

Die MSc-Arbeit kann hier heruntergeladen werden.

Eine Übersichtsseite zu verschiedenen digitalen Tools in der Agroforstwirtschaft entsteht hier.

RA Dario Mauder | © Foto-Goethe.de

Welche rechtlichen Einschränkungen stehen der Umsetzung von Agroforstsystemen entgegen? Um Agroforstwirtschaft im Spannungsfeld von ökologischem Nutzen und naturschutzrechtlichen Beschränkungen stärker zu beleuchten, hat der DeFAF vor kurzer Zeit gemeinsam mit den Rechtsanwälten Dario Mauder und Tim Herpolsheimer von der Kanzlei Göpfert & Herpolsheimer aus Cottbus einen Fachartikel in der juristischen Zeitschrift „Recht der Landwirtschaft“ veröffentlicht. Tätigkeitsschwerpunkt der auf gewerbliche Mandanten und Unternehmen ausgerichteten Kanzlei ist u. a. das Agrarrecht. Wir haben mit Herrn Mauder gesprochen, um näheres zu erfahren.

1. Wo sehen Sie noch Lücken im (rechtlichen) System, um die Skalierung der Agroforstwirtschaft in Deutschland noch stärker voranzutreiben? Welche Schritte sind hier unbedingt noch zu gehen?

RA Dario Mauder: Eine rechtliche Lücke, die der Skalierung nicht förderlich ist, liegt in der fehlenden Abstimmung von Vorschriften zueinander. Deutlich wird die fehlende Abstimmung z.B. daran, dass nach der GAPDZV (GAP-Direktzahlungen-Verordnung, d. Red.) nunmehr für die Förderung bei Anlage eines Agroforstsystems kein Nutzungskonzept vorzulegen ist, während ein solches aus naturschutzrechtlichen Gründen vorgelegt werden muss. Ein besseres Ineinandergreifen der Vorschriften wäre wünschenswert. Im Übrigen dürfte meines Erachtens der wesentliche Meilenstein für die Skalierung schwerpunktmäßig nicht in der Schließung von Lücken bestehen, sondern in dem Abbau von Komplexität im rechtlichen System. Trotz des hohen Grads an Komplexität werden letztlich nicht immer sachgerechte Ergebnisse erzielt.

2. Welche Regelungen aus dem Natur- und Landschaftsschutz sehen Sie bei der Umsetzung von Agroforstwirtschaft als besonders hinderlich an?

DM: Besonders hervorzuheben sind die Eingriffsregelung und damit etwaig verbundene Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote. Im Einzelfall kommen regelmäßig weitere Vorschriften, insbesondere aus dem gebietsbezogenen Naturschutz hinzu. Zu denken ist hier bspw. an Vorschriften aus Landschaftsschutzgebietsverordnungen. Weiterhin liegt, zumindest nach regelmäßiger Auffassung der Behörden, in vielen Fällen die Beibringungslast für bestimmte Sachverhalte beim Anlagewilligen. Daher fordern die Naturschutzbehörden nicht selten vom Anlagewilligen die Beibringung von Gutachten ab. Schon in diesem frühen Stadium scheitert dann häufig die Anlage von Agroforstsystemen aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus.

3. Was konkret müsste im Naturschutzrecht angepasst werden, damit Agroforstsysteme auch hier als normale landwirtschaftliche Praxis betrachtet werden und damit für die Betriebe Planungssicherheit besteht?

DM: Grundsätzlich wäre es wünschenswert, wenn die naturschutzrechtlichen Bestimmungen weniger komplex und abwägungsfreundlicher wären. Regelmäßig erweckt das Naturschutzrecht den Eindruck, es werde, losgelöst von den durch eine Maßnahme zu erwartenden ökologischen Verbesserungen, lediglich der Status Quo geschützt. Austarierte Lösungen scheinen insbesondere dann, wenn Vogelarten der offenen Feldflur wie z. B. die Feldlerche von Maßnahmen potentiell beeinträchtigt werden könnten, nicht immer möglich zu sein. Konkret wäre die gesetzliche Ausweitung des Landwirtschaftsprivilegs auf Agroforstsysteme wünschenswert. Weiterhin wäre eine Absenkung der Hürden für die Erteilung einer Befreiung von den Bestimmungen des Naturschutzrechts hilfreich.

4. Ein häufiger Hinderungsgrund für die Umsetzung eines Agroforstsystems ist das Vorliegen eines Pachtverhältnisses. Welche vertraglichen Regelungen sind Ihrer Meinung nach am wichtigsten, damit Pächter:innen in längeren Zeiträumen Agroforstwirtschaft auf ihrem gepachteten Land betreiben und gegenüber den:dem Verpächter:innen vertreten können? Was passiert in diesem Fall nach Auslaufen des Vertrags?

DM: Wichtig ist die Vereinbarung einer langen Festlaufzeit des Pachtvertrags. Mit kurzer Pachtlaufzeit lässt sich die Anlage eines Agroforstsystems nicht darstellen. Nach Ablauf des Pachtvertrags hat der Pächter keine Rechte mehr an dem Agroforstsystem. Es besteht also das Risiko, dass der Pächter keinen Ertrag aus dem von ihm angelegten Agroforstsystem erhält. Weiterhin spielen in der Vertragsgestaltung vor allem auch Regelungen zur Entfernung/Erhaltung des Agroforstsystems nach Pachtende sowie die Vereinbarung einer Entschädigung für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Pachtvertrags eine wesentliche Rolle. Angesichts der Fallstricke sollten die pachtvertraglichen Regelungen fachkundig und einzelfallbezogen vorab geprüft werden.

Wir danken Ihnen für das Gespräch. Der gemeinsam mit den beiden Rechtsanwälten veröffentlichte Fachartikel kann HIER bezogen werden.

17.06.2025

Mithilfe des großen Engagements von Mitgliedern und Unterstützer:innen hat der DeFAF in den ersten 6 Jahren seines Bestehens bereits Einiges erreicht. Der frisch erschienene Jahresbericht 2024 zeigt Projektaktivitäten und -ergebnisse aus dem vergangenen Jahr auf, was auf politischer Ebene erreicht werden konnte und wo und wie der Verband noch so wirken konnte. Ganz besonders erfreulich ist die große Anzahl neuer Agroforstsysteme, die deutschlandweit u.a. durch das neue Projekt MODEMA entstehen konnten. Auch die Ehrung unseres stellvertretenden Vorsitzenden Thomas Domin mit der Prof. Niklas Medaille sowie die Feier zum Anlass unseres 5-jährigen Bestehens sind Highlights des letzten Jahres, auf die wir gerne zurückblicken. Gleichzeitig spornt dies an, mit voller Wirkungskraft weiterzumachen, um die Agroforstwirtschaft noch stärker in der Landwirtschaft zu verankern. Der Jahresbericht 2024 ist hier einsehbar.

11.06.2025

Die Auswahl geeigneter Baumarten ist ein zentraler Schritt bei der Gestaltung funktionierender Agroforstsysteme. Entscheidungshilfen (Decision Support Systems – DSS) können landwirtschaftliche Betriebe und Beratende dabei wesentlich unterstützen. Allerdings sind viele der verfügbaren Tools nur länderspezifisch einsetzbar, schwer zugänglich oder nicht miteinander kompatibel.

Um diese Lücke zu schließen wurde AgroforesTreeAdvice, im Rahmen des EU-Projekts DigitAF entwickelt. Es zielt darauf ab, bestehendes Wissen aus acht vorhandenen DSS in einem einheitlichen, benutzerfreundlichen System zusammenzuführen und zugänglich zu machen. Das Tool ist über eine grafische Web-Oberfläche in acht Sprachen nutzbar und ist öffentlich über GitHub zugänglich. Nutzer können anhand lokaler Standortparameter (wie Boden, Klima, biotische Faktoren und sozio-ökonomische Aspekte), Produktionszielen (wie Holz, Früchte) und gewünschter Ökosystemdienstleistungen (wie Bodenschutz, Kohlenstoffspeicherung) gezielt nach passender Baum- und Straucharten suchen. Insgesamt stehen 157 Gehölzarten zur Auswahl. Die Bewertung der Baumarten erfolgt über eine Multikriterienbewertung, bei der einzelne Kriterien gewichtet und Punkte vergeben und zu einem Gesamtwert summiert werden. Erste Tests in drei europäischen Ländern zeigen eine hohe Nutzerzufriedenheit, insbesondere bezüglich Übersichtlichkeit und Mehrsprachigkeit. Verbesserungspotenzial besteht noch bei Informationen zu Wurzeleigenschaften, Biodiversität und Interaktionen zwischen Baumarten. Künftige Erweiterungen sind bereits geplant, etwa die Integration zusätzlicher Tools wie TreeAdvisor oder UK Tree Guide sowie die Verknüpfung mit Klimadatenbanken zur automatischen Standortanalyse. Langfristig soll AgroforesTreeAdvice zu einem umfassenden Planungsinstrument für die Agroforstwirtschaft weiterentwickelt werden und so eine zentrale Rolle in der Gestaltung nachhaltiger Systeme spielen.

Ein Zusammenfassung zum Tool und Hintergrundinformationen wurden unlängst in der Zeitschrift Agroforestry Systems veröffentlicht:

Gosme, M., Staněk, T., Rigal, C., Paut, R., Skyum, B., Rønn-Anderson, K., Thissen, W., den Herder, M., Houska, J., Lojka, B., Warlop, F., Carton, S., Pardon, P., Weger, J., Martiník, A., Uradnicek, L., Hübner, R., Tomás, A., Kay, S. & Reubens, B. (2025): AgroforesTreeAdvice: a decision support tool combining heterogeneous knowledge resources for tree species selection in agroforestry systems. Agroforestry Systems, 99, https://doi.org/10.1007/s10457-025-01208-6.