16.03.2023
Dass die Agroforstwirtschaft nicht nur gut für die Landwirtschaft ist, sondern auch für Natur und Landschaft, ist mittlerweile bei Vielen bekannt. Welch zahlreiche Anknüpfungspunkte sie aber auch für die Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen bietet, haben mehr als 20 Personen, vor allem aus den Bereichen der Bildungsarbeit und der Landwirtschaft, am 7. März 2023 in einem Workshop im Alten Gasthof in Missen bei Vetschau gemeinsam diskutiert. Die Veranstaltung, die vom DeFAF e.V. im Rahmen des Projektes AgroBaLa organisiert wurde, hatte zum Ziel, mit Akteuren aus der Bauernhof-, Natur- und Streuobstpädagogik sowie aus damit verknüpften Bereichen zu erörtern, inwiefern die Agroforstwirtschaft sich stärker in bestehende Bildungsangebote integrieren lässt oder möglicherweise Thema für neue Formate sein kann.
Als Einstieg präsentierte Julia Günzel vom DeFAF e.V. die grundlegende Bedeutung der Agroforstwirtschaft und betonte, dass die Gestaltung einer zukunftsfähigen Landwirtschaft eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei: Nicht nur Landwirtschaftsbetriebe leisten ihren Beitrag, sondern auch Akteure aus Politik, Naturschutz sowie solche entlang der gesamten Wertschöpfungsketten inklusive Verbraucher seien gefragt, wenn es um die Gestaltung nachhaltiger Landnutzungsformen geht. Dazu gehöre auch, dass die verschiedenen Akteure und Interessensgruppen mitgenommen werden und durch vielfältige Bildungs- und Informationsangebote von den Vorteilen und Möglichkeiten der Agroforstwirtschaft erfahren. Um diesbezüglich auch die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, und damit auch deren Eltern, anzusprechen, hat der DeFAF e.V. im vergangenen Jahr ein Kinderbuch erarbeitet. Bei den damit zusammenhängend durchgeführten „Familien-Feldtagen“ auf mehreren Agroforstbetrieben in Deutschland wurden spielerische Methoden zum erlebbar machen der Agroforstwirtschaft ausprobiert.
Wie diese genau gestaltet waren und welche Aspekte der Agroforstwirtschaft beleuchtet wurden, berichtete im Anschluss Julia Binder von der Uni Münster und Mitautorin des Kinderbuches. An mehreren Stationen zu unter anderem Bodenschutz, biologischer Vielfalt und der Nutzung von Produkten wurde die Agroforstwirtschaft erfahrbar gemacht. Eine weitere Möglichkeit zur Einbindung und Sensibilisierung der Bevölkerung zur Agroforstwirtschaft ist der bürgerwissenschaftliche Ansatz im Rahmen des Projektes agroforst-monitoring, für das Julia Binder hauptberuflich tätig ist. Dabei werden Lokalgruppen, bestehend aus Personen aus der lokalen Bevölkerung mit unterschiedlichsten Hintergründen, an verschiedenen, langfristig angelegten Versuchen auf Agroforstflächen beteiligt. Auf neun Agroforstbetrieben wird dieser Ansatz bereits umgesetzt und auch die vielen Fragen aus dem Publikum zeigten das große Interesse daran.
Einen Einblick dazu, wie Bauernhofpädagogik auf einem Agroforstbetrieb aktiv verbunden werden kann, lieferte Kherstin Riecken von rieckens Landmilch, einem Familienbetrieb in fünfter Generation in Großbarkau, Schleswig-Holstein. Der Milchviehbetrieb hat in 2020 ein erstes Agroforstsystem angelegt, mittlerweile gibt es mehrere, und im gleichen Jahr den Bauernhofkindergarten „Eichhörnchen“ eröffnet. Täglich können dadurch Kinder hautnah alles rund um die Landwirtschaft miterleben und sich selbst ausprobieren – und die Vorteile von Gehölzen wird dabei gleich mit vermittelt, von der Pflanzung bis zur Ernte. Der anschauliche Bericht mit vielen Fotos stieß auf großen Anklang und es wurde sehr gut nachvollziehbar, warum der Betrieb in 2021 mit dem Nachhaltigkeitspreis des Landes Schleswig-Holstein ausgezeichnet wurde.
Im Anschluss an die drei Beiträge ging es in den aktiven Austausch in Form eines Welt-Cafés zu den drei Themenbereichen „Inhalte und Materialien zur Agroforstwirtschaft für die Bildungsarbeit“, „Agroforstwirtschaft in die Bildung für Nachhaltige Entwicklung integrieren“ und „geeignete Bildungsformate und Akteure“. Der Diskussionsbedarf war sehr groß und die Themen lieferten ordentlichen Gesprächsstoff. Am Ende des Workshops gingen die Teilnehmenden mit einer Reihe von Ideen und Vorschläge aus den Gruppen heraus. Im Anschluss an den Workshop fand sich noch eine Gruppe der Teilnehmenden ein, um das Agroforstsystem der ZGJ Landwirtschafts GmbH in Zinnitz zu besichtigen. Damit lieferte die Veranstaltung nicht nur praxisnahe Einblicke und eine gute Gelegenheit für konstruktive Vernetzung, sondern machte auch Lust auf mehr im Bereich der Bildungsarbeit zur Agroforstwirtschaft.