Als bundesweiter Fachverband ist der DeFAF in ganz Deutschland vertreten. Auf Initiative von mehreren aktiven Mitgliedern hat sich im letzten Jahr eine Regionalgruppe für Schleswig-Holstein und Hamburg gegründet, um als Verband vor Ort noch aktiver wirken zu können. Die Regionalgruppe wird von Matthias Amelung, Felix Riecken und Michael Weitz geleitet und ist über die E-Mailadresse erreichbar. Auch in Niedersachsen formiert sich derzeit eine Regionalgruppe. Dafür werden noch Mitstreiter:innen gesucht, die Lust haben, regional zusammenzuarbeiten, Informationsveranstaltungen zu organisieren und in Niedersachsen politisch die Agroforstwirtschaft voranzubringen. Wer dort mitwirken möchte, kann sich an Michelle Breezmann und Ernst Kürsten über die Adresse melden. Einzige Voraussetzung: eine Mitgliedschaft im DeFAF! Alle Infos dazu finden Sie hier.

5. Juli 2022

Im Rahmen der Öko-Feldtage 2022, die vom 28. bis 30. Juni auf dem Gladbacherhof in Hessen stattfanden, war der DeFAF mit einem interaktiven Infostand vertreten. Nicht nur für den Verband waren diese Tage ein voller Erfolg – auch die Agroforstwirtschaft hat viel positive Resonanz erhalten.

Der Infostand befand sich mit denen vieler anderer bekannter Agroforstakteure direkt über dem Ackeragroforstsystem der Universität Gießen, welches mittlerweile gut angewachsen ist und sehr schön anzusehen. Bei bestem Wetter war die Agroforstwirtschaft ein thematischer Fokus am ersten Tag und neben mehreren Führungen zu den Agroforstsystemen lockten spannende Vorträge in die Kartoffelhalle. Ein Highlight des von Triebwerk organisierten Fachforums war die Podiumsdiskussion mit Janos Wack von Triebwerk, Felix Riecken von Rieckens Landmilch, Ophelia Nick, der parlamentarischen Staatssekretärin des BMEL, sowie Hubert Heigl, BÖLW-Vorstand. Heiß diskutiert wurden vor allem aktuelle Konflikte und Hürden zur Umsetzung der Agroforstwirtschaft. Bemerkenswert war die Begeisterung und Hoffnung aller Parteien, dass die Agroforstwirtschaft bald, wenn auch vielleicht nicht in dieser Förderperiode, ein wichtiges Element der Landwirtschaft werde, dessen Wertschätzung dann auch in den politischen Rahmenbedingungen zu finden sein wird.

Beim Infostand des DeFAF informierte sich eine Vielzahl der Teilnehmenden zur Agroforstwirtschaft. Die vielfältigen Informationsmaterialien sind dabei sehr gut angekommen, ebenso wie eine ganz besondere Aktion:
In Eierkartons konnten die Besucher:innen in Kokossubstrat ihr eigenes kleines Agroforstsystem pflanzen. Zur Auswahl standen dafür verschiedene Samen: neben einer Gründüngung, Teff und Senfsaat gab es vor allem eine Reihe unterschiedlichster Baumsaaten. Viele Besucher:innen waren sehr begeistert, neben den ganzen Postern auf den Feldtagen auch mal etwas zum Anfassen zu haben und selbst etwas ausprobieren zu können.

Der DeFAF konnte während der Öko-Feldtage auch seine Mitgliederzahl erhöhen – die Freude war groß, als die 300-Mitgliedermarke überschritten wurde. Damit waren die Öko-Feldtage eine großartige Gelegenheit für spannende Gespräche, neue Impulse und ein zusehends wachsendes Agroforst-Netzwerk in Deutschland.

 

16. Mai 2022

Die Agroforstwirtschaft wird derzeit auch außerhalb von Deutschland immer beliebter. An der Bangor University in Wales kann man dazu schon länger ein ganzes Studium zu abschließen. Michelle Breezmann, Fachbereichsleiterin des Jungen DeFAF und Agroforstberaterin, ist derzeit in ihren letzten Zügen des Masterprogramms „Agroforestry and Food Security“, in dessen Rahmen jedes Jahr eine Studienexkursion stattfindet, die sie in diesem Jahr nach Irland geführt hat. In einem Bericht erzählt sie uns, was sie dabei erlebt hat und wie die Iren im Vergleich zu Deutschland mehr Bäume und Sträucher in die Landwirtschaft bringen.

Anfang Mai 2022 nahm ich im Rahmen meines Masterstudiums an der Bangor University in Wales an einer Studienexkursion nach Irland teil. Eine solche Exkursion wird im Rahmen des Studiums jedes Jahr in unterschiedlichen Regionen angeboten. Diese Reise steuerte nicht nur Ziele in der Republik Irland an, sondern auch in Nordirland, also dem Teil der irischen Insel, der zum Vereinigten Königreich gehört.

Während der Exkursion besuchten wir verschiedene landwirtschaftliche Betriebe und Versuchsbestriebe, die sich mehr oder weniger intensiv mit der Agroforstwirtschaft befassten. Besonders interessant fand ich, die Landwirte nach ihren Beweggründen zur bzw. ihren Hinderungsgründen gegen die Agroforstwirtschaft zu befragen und mit meinen Erfahrungen aus Deutschland zu vergleichen. Als Mitgliedsstaat der EU steht die Republik Irland grundsätzlich vor denselben politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen wie Deutschland. Im nationalen Recht unterscheiden sie sich aber in einem wesentlichen Punkt: Während in Deutschland seit 2008 im Bundeswaldgesetz (§2, Abs. 2) verankert ist, dass Agroforstflächen nicht zum Forst gehören, gibt es diese Formulierung nicht im irischen Recht. Das hat Vor- und Nachteile für die irische Agroforstwirtschaft: Einerseits gibt es dadurch vor allem von forstwirtschaftlicher Seite Bestrebungen, Bäume in die Landwirtschaft zu bringen, andererseits stehen die Landwirte dort schnell im Konflikt, dadurch wertvolle Ackerflächen in Forstflächen umzuwandeln und „zu verlieren“.

Foto: M. Breezmann

Bäume in die Landwirtschaft zu bringen heißt in Irland, Bäume auf Weiden zu pflanzen und nicht auf den Acker. Denn mit mehr als 90% Grünland der landwirtschaftlich genutzten Fläche sieht die Landwirtschaft ganz anders aus als in Deutschland. Während wir nur ca. 30% als Grünland nutzen und 70% als Acker, dient die Landwirtschaft in Irland vor allem der Haltung von Weidetieren, insbesondere von Schafen. Hier spielen die Lammsterblichkeit und die Dauer der Weidesaison als landwirtschaftliche Parameter eine wichtige Rolle. Dass Agroforstsysteme die Lammsterblichkeit teilweise halbieren und die Weidesaison um bis zu 17 Wochen verlängern kann, ist bei den allermeisten Landwirten leider noch nicht angekommen.

Außerdem hat die Mehrheit der Landwirte in Irland eine grundlegende Abneigung gegenüber Bäumen in der Landwirtschaft. Dabei sind sie uns ziemlich ähnlich: Bäume werden eher als unproduktives, störendes Element in einer effizienten Landwirtschaft wahrgenommen. Es kommt noch hinzu, dass die jetzt wirtschaftende Generation in einem Land mit nur 11% Waldfläche (Vergleich Deutschland: etwa 30%) in der Vergangenheit miterleben musste, wie mittelständische Familienbetriebe reihenweise aufgekauft wurden und großen Fichten-Monokulturen weichen mussten, die nun alle nach und nach zu Grunde gehen…

Betrachtet man diese Hintergründe und die unattraktiven Fördermöglichkeiten, die nur sehr wenig Gestaltungsspielraum lassen und, verglichen mit normalen Aufforstungsprämien, auch finanziell keinen Anreiz bieten, so geht es Irland mit der Agroforstwirtschaft ziemlich ähnlich wie Deutschland: Die Betriebe, die Bäume pflanzen, gelten als Pioniere, die, motiviert durch die potenziellen Vorteile und die Überzeugung, etwas Gutes zu tun (sowohl der Umwelt, als auch den Tieren und im Endeffekt sich selbst), häufig die Kosten selbst tragen. Ein Landwirt hat es großartig beschrieben, als wir auf seiner Weide mit Kirschen, Walnüssen, Eichen und Obstgehölzen standen: „Es ist so schade, dass ich die Schafe noch nicht hier rauftreiben konnte. Ihr hättet sehen müssen, wie die Lämmer mit ihren Müttern den Schatten und Schutz der Bäume suchen. Da geht einem einfach das Herz auf! Und man weiß, warum man sich die Arbeit gemacht hat“.

Es war beeindruckend, zu erleben, wie Landwirte in einem ganz anderen landwirtschaftlichen Kontext genauso ticken, wie unsere Landwirte: Obwohl ihre Existenz überwiegend von Subventionen abhängt, suchen und finden sie Wege, die ungünstigen Förderbedingungen so zu nutzen oder zu umgehen, dass großartige Agroforstprojekte entstehen. Wie in Deutschland hoffen auch viele irische Landwirte auf bessere Förderbedingungen unter der neuen GAP. Die Exkursion hat mir gezeigt, dass nicht nur die Landwirte in Deutschland (für unsere Papierkriege bekannt) vor umständlichen und unpraktischen Förderbedingungen stehen, aber auch, dass es überall eine Möglichkeit gibt, seinen eigenen, richtigen Weg zu gehen, um Bäume in der Landwirtschaft zu pflanzen!

29. März 2022

Die Agroforstwirtschaft nimmt in Deutschland an Fahrt auf. Einen Überblick zu einer Auswahl an existierenden Agroforstflächen gibt die Agroforst-Landkarte des DeFAF, in die Landnutzer:innen ihre Systeme eintragen können*. Auch wissenschaftliche Einrichtungen, Informations- und Bildungsstellen und Interessenten für die Anlage von Agroforstsystemen werden in der Karte abgebildet. Eine aktuelle Übersicht stellt nun weitere Details zu den bisher eingetragenen Agroforstflächen dar, die sich bis zum 31.12.2021 auf insgesamt 105 Agroforstsysteme mit einer Gesamtfläche von etwa 849 ha deutschlandweit beliefen. Die Übersicht gibt außerdem Aufschluss über die Typen von Agroforstsystemen, über den Anteil der Gehölzfläche sowie die Baum- und Straucharten, die am häufigsten eingesetzt wurden. Auch die Anzahl und Fläche von Agroforstsystemen in den einzelnen Bundesländern werden verglichen – Vorreiter sind Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Die Übersicht, die zukünftig jedes Jahr aktualisiert werden soll, ist mit allen Details hier einsehbar.

 

*Die Daten in der Agroforst-Landkarte sind nicht repräsentativ und stellen keine vollständige Datenbasis zur Agroforstfläche in Deutschland dar. Sie bildet nur diejenigen Flächen ab, die dem DeFAF e.V. durch Landnutzer und andere Personen durch die eigenständige Eintragung in die Karte übermittelt werden. Die tatsächliche Gesamtfläche an Agroforstsystemen ist also vermutlich um einiges größer, da nicht alle Systeme auf der Agroforst-Landkarte eingetragen sind.

28. März 2022

Für Untersuchungen zur Festlegung von Kohlenstoff auf Streuobstwiesen und dem Potential für Nachpflanzungen wird aktuell ein/e Masterstudent/in gesucht. Unter der Betreuung von Dr. Martin Wiesmeier (LfL / TU München) und Dr. Rico Hübner (DeFAF e.V. / TU München) sollen unter anderem die Gehölzbiomasse an mehreren Standorten in Niederbayern erfasst und Bodenproben durchgeführt werden. Beginn der Untersuchung ist ab Mai 2022 möglich. Alle weiteren Informationen und Ansprechpartner finden Sie hier.

Mit der Agroforstwirtschaft lässt sich die Landnutzung nachhaltiger und zukunftsfähig gestalten. Gerade in der durch starke Trockenheit und leichte Böden geprägten Lausitz bietet sie großes Potential, um die Klimaanpassung der Landwirtschaft in der Region zu verbessern. Aber wie können Agroforstsysteme in der Lausitz in die Praxis gebracht werden? Zu welchen Systemen gibt es bereits gute Erfahrung? Was ist zu beachten, wenn man Agroforstsysteme anlegen möchte und wer kann dabei vielleicht unterstützen?

Um über diese und weitere Fragen zu diskutieren, lädt der DeFAF zum 1. Agroforst-Stammtisch am 9. März 2022 um 17:00 Uhr ein. Nach einem inhaltlichen Beitrag zur Agroforstwirtschaft und ihren Potentialen für die Lausitz können sich die Teilnehmenden an der offenen Diskussion einbringen und direkt in den Austausch treten. Der Stammtisch, der im Rahmen des Projektes AgroBaLa stattfindet und vorerst digital stattfindet, soll langfristig eine regelmäßige Plattform für die Vernetzung und den Austausch zwischen allen an der Agroforstwirtschaft Interessierten in der Region bieten. Für eine bessere Planung bitten wir um eine formlose Anmeldung über . Der Zugangslink wird im Vorfeld der Veranstaltung per E-Mail versendet.

 

19.12.2021

Der DeFAF e.V. hat sich die vergangenen zwei Jahre intensiv dafür eingesetzt, dass die Agroforstwirtschaft in der neuen GAP prominent berücksichtigt und vor allem auch in Deutschland endlich in die Agrarverordnungen aufgenommen und gefördert wird. Vieles, was noch vor zwei Jahren undenkbar gewesen wäre, wurde erreicht. So sind Agroforstsysteme ab 2023, wenn die neuen Verordnungen in der landwirtschaftlichen Praxis Anwendung finden, als Teil der beihilfefähigen, landwirtschaftlichen Fläche definiert. Die Anlage von Agroforstsystemen ist dabei auf Ackerland, in Dauerkulturen und auf Grünland möglich. Als Erfolg kann ferner gewertet werden, dass die Beibehaltung der agroforstlichen Bewirtschaftung in den Maßnahmenkatalog der Öko-Regelungen aufgenommen wurde.

Trotz dieser sehr erfreulichen Entwicklung gibt es Grund zur Skepsis, ob Agroforstsysteme in der landwirtschaftlichen Praxis tatsächlich verstärkt umgesetzt werden. Dies liegt vor allem an einigen, in der GAP-Direktzahlungen-Verordnung festgelegten Rahmenbedingungen (z.B. nicht gerechtfertigter, sehr niedriger Öko-Regelungs-Förderbetrag von 60 €/ha Gehölzfläche; Mindestabstand von 20 m vom Gehölzstreifen zum Flächenrand; Einschränkungen der Baumarten), deren Änderung neben dem DeFAF e.V. auch zahlreiche andere Verbände gefordert haben.

Die GAP-Direktzahlungen-Verordnung wurde nun am 17. Dezember 2021 im Bundesrat bestätigt. Zuvor hatte der DeFAF e.V. dafür geworben, dass die Bundesländer noch verschiedene Änderungsanträge einbringen, um die Rahmenbedingungen sozusagen in letzter Minute doch noch zu verbessern. Einige Forderungen wurden auch tatsächlich in Änderungsanträgen berücksichtigt und von den Bundesratsausschüssen für Agrarpolitik und Verbraucherschutz sowie für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit befürwortet. Trotz der Empfehlungen der Ausschüsse wurde wichtigen Änderungsanträgen, wie z.B. eine höhere Förderung in Bezug auf einen Hektar Agroforstfläche oder eine Verringerung des Mindestabstandes, nicht zugestimmt. Aus Sicht des DeFAF e.V. wurde damit eine große Chance für mehr Klimaschutz, Klimaanpassung, Bodenschutz und Strukturvielfalt in der Landwirtschaft vertan, denn es muss davon ausgegangen werden, dass die Förderung von Agroforstsystemen als Öko-Regelung nicht angenommen wird.

Ein kleiner Lichtblick ist Ziffer 5 der durch den Bundesrat ebenfalls am 17. Dezember 2021 verabschiedeten Entschließung zur GAP-Direktzahlungen-Verordnung. Demnach sollen die Vorschriften für die Öko-Regelung „Beibehaltung von Agroforstsystemen“ zügig angepasst werden, sollte sich abzeichnen, dass diese nicht im geplanten Ausmaß zur Anwendung kommt. Weshalb die Rahmenbedingungen nicht von vornherein im Sinne einer verstärkten Umsetzung und Bewirtschaftung von Agroforstsystemen optimiert werden, erschließt sich nicht. Aber immerhin bietet die Entschließung eine Basis, auf die sich der DeFAF e.V. bei seiner weiteren Arbeit in den kommenden Jahren berufen wird. Es wartet also diesbezüglich weiterhin viel Arbeit auf den DeFAF e.V., der sich auch künftig mit aller Kraft für mehr Agroforstsysteme in Deutschland und damit für eine zukunftsgewandte, klimaangepasste, produktive und nachhaltige Landnutzung einsetzen wird.

17.12.2021

Der Landesbauernverband (LBV) Brandenburg und der Agrarmarketingverband pro agro haben mehrere Landwirtschaftsbetriebe im Rahmen des Wettbewerbs „Zukunft durch Vielfalt“ ausgezeichnet. In der Kategorie „Klimaanpasser“ hat sich der Landwirtschaftsbetrieb Domin in Peickwitz, Senftenberg, durchgesetzt, der seit mehreren Jahren die Agroforstwirtschaft in Brandenburg umsetzt und damit einen wichtigen Beitrag für eine klimaangepasste und nachhaltige Landwirtschaft leistet. Auch wir als Verband freuen uns über diese Auszeichnung unseres Vorstandsmitglieds und gratulieren herzlich! Zuletzt war der Betrieb von Thomas Domin in der rbb-Dokumentation „Bauer sucht Baum“ vorgestellt worden, in der er unter anderem über seine Beweggründe berichtet, die Agroforstwirtschaft auf seinem Hof umzusetzen.

16.12.2021

Mit dem Generationswechsel in der Landwirtschaft geht in vielen Fällen auch eine Neuorientierung der Bewirtschaftungsform einher. Häufig findet sich allerdings kein Nachfolger. Matthias Maile, gelernter Maschinenbautechniker aus Hausen, einem Ortsteil der Gemeinde Greding in Bayern, führt den Landwirtschaftsbetrieb seines Großvaters seit 2014 im Nebenerwerb und hat sich 2018 für die Agroforstwirtschaft entschieden. Neben Walnüssen pflanzte er in den ersten zwei Agroforstsystemen auch verschiedene Wildobstbäume. In einem Interview verrät er uns seine Beweggründe dafür, Agroforstwirtschaft zu betreiben.

Matthias, in Bayern ist die Agroforstwirtschaft nicht so sehr verbreitet. Wie bist du zu dem Thema gekommen? Und wie wurde dein Vorhaben von deiner Familie und anderen Landwirten in deinem Umfeld aufgenommen?

Im Grunde war es der Zufall, der mich 2015 auf die Agroforstwirtschaft aufmerksam machte. Inspiriert wurde ich durch einen Kurzbeitrag auf einer Online-Videoplattform, welcher sich mit verschiedenen Agroforstsysteme befasste. Ich setzte mich immer stärker mit der Thematik auseinander, jedoch dauerte es noch ein weiteres Jahr, bis ich mich im Frühjahr 2016 an erste Planungen wagte.

In Bayern war mir bis dahin nur eine Agroforstflächen bekannt, jedoch nicht mit dem Ziel der Wertholzproduktion. Daher holte ich mir Unterstützung durch die Innovationsgruppe Aufwerten. Mit meinen Vorhaben wurde ich in der Folgezeit bestmöglich betreut. Zur eigentlichen Umsetzung kam es im Herbst 2018, da unsere Flächen bis dahin verpachtet waren.

Von meiner Familie kamen keine Einwände, das Vorhaben umzusetzen, da sie wie ich einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen. Als der Pachtvertrag unseres Pächters zunächst auslief, konnten wir zügig die Feldstücke bepflanzen. Der ehemalige Pächter begrüßte die Absicht die Felder neu zu gestalten, da er von der andersartigen Bewirtschaftung angetan war. Es wurden auf diesen Flurstücken zwei Hecken und mehrere Baumstreifen angelegt. Eine Folgebewirtschaftung der Flächen ist weiterhin möglich, daher wurde der Pachtvertrag erneuert. Bei Pflanzaktionen half der Pächter uns mit Tatendrang beim Ausheben der Pflanzenlöcher. Von anderen Landwirten aus der Gemeinde werden meine Anpflanzungen zwar wahrgenommen, Nachahmer hat es bis jetzt aber noch keine gegeben. Erfreulicherweise finden sich nach meiner Kenntnis immer mehr Neuanlagen auf bayerischen Flächen.

Gepflanzt wurden neben Walnüsse auch Wildobstbäume wie Speierling und Elsbeere. Welche Strategie hast du für die Nutzung und Vermarktung? Welche Besonderheiten ergeben sich dabei für die Nebenerwerbslandwirtschaft?

Die Pflanzung von Obst- und Wildobstbäumen hatte einen förderrechtlichen Hintergrund. So wurden in Bayern über die Bayerische Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) die Neupflanzung von Hecken und Streuobstbäume mit 75 % gefördert. Darunter fielen auch die von mir gewählten Bäume. Fachliche Unterstützung erhielt ich von der Gebietsbetreuerin des Landschaftspflegeverbands Mittelfranken.

Am Anfang meiner Überlegung ging es mir primär um ökologische Aspekte, Gehölze auf unseren Flächen zu pflanzen. In den Medien wurde vermehrt vom Artensterben und den Folgen einer immer intensiveren Landbewirtschaftung auf Kosten der Umwelt berichtetet. Nicht zuletzt zeigten die eigenen Erfahrungen, welche Folgen die Klimaveränderung für die Landwirtschaft hat. Es lag in 2015 ein ungewöhnlich trockenes Jahr hinter uns, indem einerseits der Aufwuchs auf unseren Weiden sehr gering ausfiel und andererseits die Waldfläche durch den Borkenkäfer dezimiert wurde. Das bestärkte mich dabei als Landbesitzer, meinen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten.

Foto: M. Maile

Einen ökonomischen Hintergrund hatte die Pflanzung aber dennoch. Nach einer schrittweisen Astung auf 4-5 m ist in ca. 60 Jahre eine Holznutzung geplant. Die Verwendung und Vermarktung von Wildobstfrüchten ist noch in Planung. Bei den aus Samen gezogenen Wildobstbäumen, die frühestens nach zehn Jahren zum ersten Mal fruchten, bleibt daher noch ausreichend Zeit eine Vermarktungsmöglichkeit zu entwickeln. Wie eine Beerntung aussehen könnte, wird sich zeigen. Zwischen den Baumreihen ist momentan eine Gräsermischung eingesät, die als Viehfutter genutzt wird. Wir haben uns bewusst für Ackergras und nicht für eine Marktfruchtbau entschieden, um in den ersten Jahren die Bäume besser pflegen zu können.

Seit der Übergabe der Landwirtschaft im Jahr 2014 führen wir den Hof als Nebenerwerb. Eine kleine Schafhaltung und die Pflege der noch jungen Bäume lassen sich momentan gut mit den außerlandwirtschaftlichen Tätigkeiten meiner Familie vereinbaren. Die landwirtschaftlichen Tätigkeiten werden in meiner Freizeit erledigt. Die Nussbäume haben den Nachteil, dass diese in der Regel spät in den Ertrag gehen. Ohne meine hauptberufliche Tätigkeit wären meine Pflanzprojekte nicht möglich gewesen.

Nun sind drei Jahre vergangen – was hast du in diesen Jahren gelernt? Was ist gut gelaufen und was würdest du beim nächsten Mal anders machen?

Geduld zu haben und den Bäumen Zeit geben fällt mir an erster Stelle ein. Wir haben uns damals für ein kleines Pflanzensortiment aus dem Forstbereich entschieden. Daher war erstmal wenig von den Bäumen auf der Fläche zu sehen, das hat sich aber bereits geändert.

Wenn ich heute zurückblicke, hätte ich ein paar Dinge anders gelöst. Das beginnt bei der Planung, die ich jetzt mit einer GIS Software durchführe. Das Auffinden der Pflanzpunkte übernimmt ein GNSS-Messgerät, was zu einer deutlichen Arbeitserleichterung führt. Das heißt aber nicht per se, dass man mit Maßband und Fluchtstäben ungenau arbeitet.

Großen Wert sollte auf das richtige Pflanzmaterial gelegt werden. Bei falsch gewählten Bäumen wird man später keine Freude haben, weil sie im schlechtesten Fall nur noch als Brennholz verwendet werden können. Ich empfehle daher dringend, sich genau über die Anschaffung zu informieren. Beispielhaft hierfür sind die für uns vom Landschaftspflegeverband bestellten Birnenbäume, welche auf einen Kronenansatz von 1,6-1,8 m erzogen wurden. Hier hätte ich expliziert darauf hinweisen sollen, dass ich die Krone noch höher gesetzt haben will, um dem Stamm später nutzen zu können. Erforderlich hierfür wären wenigstens 2,2 m gewesen. Aber auch bei der Baumstreifenbewirtschaftung, der Regulierung der Wühlmauspopulation und dem Freihalten der Baumscheibe haben wir dazu gelernt

Für die nächsten drei Jahre gedacht: Was würdest du dir für die Gestaltung einer nachhaltigen Landwirtschaft in Deutschland wünschen?

Drei Jahre sind zwar ein sehr kurzer Zeitraum, doch drängt die Zeit zur Transformation der Landwirtschaft, um sich dem Klimawandel anzupassen. Es haben sich dazu schon sehr viele Akteure, wie die Zukunftskommission Landwirtschaft, Gedanken gemacht, wie dies geschehen kann. Ich bin weder Ackerbauer noch ist unsere Tierhaltung so groß, dass ich das Recht hätte, anderen vorzuschreiben, wie sie ihre Arbeit verrichten sollen. Unausweichlich scheint aber, dass unsere Agrarstrukturen wieder vielfältiger gestaltet werden müssen. Hier kann die Agroforstwirtschaft einen großen Beitrag leisten.

In der Tierhaltung sehe ich auch enormes Potential. Der Verbraucher drängt immer mehr auf eine tiergerechtere Haltung, vorzugsweise im Freien. Allein mit Weideunterständen wird man auf Dauer die Tiere an Hitzetagen nicht schützen können. Durch das Pflanzen von Bäumen erhält das Vieh mehr Schatten. Die Bäume, die in 15 Jahren Schatten werfen sollen, müssen daher heute gepflanzt werden.

Und dein Appell für Landwirte mit kleinen Flächen? Was ist deiner Meinung nach zu beachten, wenn Agroforstsysteme angelegt werden sollen?

An der Größe des Flurstücks entscheidet sich meist, ob und welches Agroforstsystem angelegt werden kann. Von einer pauschalen Mindestgröße würde ich aber nicht sprechen. Sind jedoch große Vorgewende nötig und müssen Grenzabstände eingehalten werden, wird manches Vorhaben schwierig umzusetzen sein. Eine Möglichkeit wäre, kleiner bleibende Gehölze zu wählen und die Abstände der Baumreihen daraufhin enger zu legen. Es gibt nicht das eine System, dass zu jedem Betrieb passt. Auf Dauergrünland und Weidestandorten werden Agroforstsysteme aber vermutlich leichter verwirklicht werden können.

An alle Landwirte, die sich für Bäume begeistern können: Pflanzt Bäume auf eure Flächen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – auch im kleinstrukturierten Bayern.

 

Wir bedanken uns herzlich für das Interview und wünschen weiterhin viel Erfolg!